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Ein Durchfaller, vielleicht sogar zwei, dazu noch neue Kapitallücken, die plötzlich in Osteuropa auftauchen: Am Sonntag um Punkt 12:01 Uhr hatte die Spekulation über die Ergebnisse des EU-weiten Bankenstresstests in Österreich endlich ein Ende.

Die gute Nachricht: Den Test nicht bestanden hat nur ein heimisches Kreditinstitut. Weniger erfreulich: Es ist deutlich geworden, dass die österreichischen Banken im europäischen Vergleich zu optimistisch bilanzieren. Österreich zählt zu jenen sechs Euroländern, in denen die Europäische Zentralbank (EZB) den größten Korrekturbedarf in den Bankbilanzen festgestellt hat. Die Kredite und Forderungen der heimischen Geldhäuser sind laut EZB um drei Milliarden weniger wert als Ende 2013 bilanziert. In Spanien ist der Wert genauso hoch. Bei Erste Bank, Raiffeisen und Co gibt es also einige Baustellen. Die Ergebnisse im Detail:

  • Durchgefallen bei dem Stresstest sind europaweit 25 Institute. Von den sechs österreichischen Teilnehmern nicht geschafft hat es die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG). Das Institut hatte per Ende 2013 (relevanter Stichtag für den Test) eine Eigenkapitalquote (Aktien, einbehaltene Gewinne) von 11,5 Prozent. Die EZB hat in ihrer Prüfung eine drastische Verschlechterung der Wirtschaftslage in den kommenden drei Jahren simuliert. Unter diesen Annahmen rutscht das Eigenkapital der ÖVAG auf magere 2,1 Prozent. Um im Test zu bestehen, hätte das Institut mehr als doppelt so viel haben müssen. Insgesamt fehlen der ÖVAG 860 Millionen Euro. Immerhin: Die teilverstaatlichte Bank hat bereits einen Notplan dazu ausgearbeitet, wie man diese Lücke schließen will. Geplant ist unter anderem die Schaffung einer Abbaugesellschaft ohne Banklizenz.

  • Erklärungsbedarf gibt es für die Erste Bank. Das Institut hat den Stresstest bestanden. Doch parallel zum Test hat die EZB einen Bilanzcheck durchgeführt. In diesem hat sie sich angesehen, ob einzelne Institute in der Vergangenheit zu optimistische Zahlen vorgelegt haben. Von den erwähnten drei Milliarden Euro, die problematisch bilanziert wurden, entfallen 1,4 Milliarden auf die Erste. Das Eigenkapital des Instituts lag 2013 bei über elf Prozent und schrumpft im Check auf zehn Prozent. Den größten Korrekturbedarf hatten in der Erste-Bilanz Firmenkredite in Rumänien.

  • Auf Platz zwei in diesem Negativ-Ranking liegt die Raiffeisen Zentralbank. Die Bilanz der RZB war Ende 2013 ebenso aufgeblasen, und zwar um 753 Millionen Euro. Auf Platz drei landet die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich.

  • Böse Überraschungen gibt es in Österreich auch bei der Bewertung von faulen Krediten. Die EZB hat sich Unterlagen zu ausgewählten Darlehen in Österreich und Osteuropa näher angesehen und geprüft, ob die Zahlungsausfälle von Kunden richtig erfasst wurden. Laut Büchern lag die Quote der faulen Kredite in dieser Stichprobe im Fall der Erste Bank bei 10,25 Prozent. Die EZB sieht die Quote der Zahlungsausfälle nach erfolgter Prüfung aber bei 13,86 Prozent. Auch die Vorsorgen für faule Kredite (also schon getroffene Wertberichtigungen) sollten laut Check bei der Ersten höher sein. Ähnlich schlechte Werte finden sich bei der Prüfung auch bei der Raiffeisen Oberösterreich.

Ein schwacher Trost: Die EZB sprach am Sonntag davon, dass sie in den überprüften Banken faule Kredite im Wert von zusätzlich 136 Milliarden Euro entdeckt hat. Zur Erklärung: Kreditinstitute haben einen Spielraum, wie sie faule Kredite bilanziell behandeln. Dies führt zur entscheidenden Frage: Heißt das nun, die österreichischen Banken müssen ihre Bilanzen korrigieren, weil sie und die Aufseher bisher zu lax waren?

Die Antworten darauf fallen unterschiedlich aus. Bei der Ersten heißt es, man habe schon im laufenden Jahr Korrekturen vorgenommen - tatsächlich etwa im Rumäniengeschäft. Damit seien weitere Änderungen nicht nötig.

Was die faulen Kredite betrifft, heißt es bei der Bank, die EZB lege einen strengeren Maßstab an, als dies in den Rechnungslegungsvorschriften vorgesehen ist. Sprich: Auch bei faulen Krediten bestehe kein Handlungsbedarf.

Bei der EZB sieht man das anders. Die zusätzlich gefundenen Problemfälle werden zu größeren Bilanzkorrekturen in den kommenden Monaten führen, dies werde nun mit den Banken diskutiert, heißt es auf Anfrage.

Dass der Korrekturbedarf bei Österreich im Vergleich höher ausfällt, liegt laut Notenbank allein daran, dass die Banken besonders in Osteuropa engagiert sind - wo vergleichsweise viele Risiken schlummern. (András Szigetvari, DER STANDARD, 27.10.2014)