Grafik: Standard

Europas Banken haben den Stress des europaweiten Tests durch die EZB gut weggesteckt. Zwar wirken auf den ersten Blick 25 gescheiterte Banken mit einer Kapitallücke von zusammengenommen 25 Milliarden Euro nach viel.

Doch zwölf Institute haben bereits Kapitalmaßnahmen getroffen, die von der EZB so auch akzeptiert werden. Damit bleiben noch 9,5 Mrd. Euro an Kapitalbedarf übrig, bei insgesamt 130 getesteten Banken. Angesichts der Tatsache, dass Europas Geldhäuser seit Juli 2013 insgesamt 60 Milliarden Euro an Eigenkapital begeben haben, scheint es machbar zu sein, dass die schwachen Institute mit staatlichen oder privaten Mitteln die identifizierten Lücken stopfen können.

Unter den gescheiterten Banken, die jetzt noch einmal an die Kapitalmärkte gehen müssen, ist die heimische ÖVAG mit einem Kapitalloch von rund 860 Millionen Euro, den größten Kapitalbedarf orten die EZB-Prüfer bei der italienischen Monte dei Paschi di Siena (2,1 Mrd. Euro). Die griechische Eurobank muss 1,76 Milliarden Euro finden, um ihre Kapitalloch zu stopfen, die portugiesische BCP immerhin noch 1,15 Mrd.

Weil die Europäische Zentralbank im November die Bankaufsicht über Europas Großinstitute übernimmt, hat sie die Geldinstitute einer "umfassenden Überprüfung" (Comprehensive Assessment) unterzogen. Diese bestand aus dem Asset Quality Review (AQR, einem Check der Bilanzen auf ihre Werthaltigkeit) und einem Stresstest, bei dem eine Rezession, fallende Immobilien- und Aktienpreise simuliert wurden, um zu sehen, wie die Geldinstitute mit einer Krise fertig werden.

ÖVAG scheitert

In Österreich könnte die Volksbanken AG (ÖVAG) laut EZB-Einschätzung mit einer Krise nicht fertig werden. Dem Geldhaus fehlen im strengen Stresstest 864,72 Millionen Euro an Eigenmitteln. Drei Viertel des harten Kernkapitals würden im Krisenfall bei der teilverstaatlichten Bank aufgezehrt werden.

Österreichs Banken müssen anpassen

Die fünf übrigen österreichischen Banken (Bawag, Erste Group, RZB sowie die Raiffeisen Landesbanken Wien-NÖ und Oberösterreich) haben den Stress ansonsten weniger zu spüren bekommen als andere Geldinstitute. Sie erreichten im Stressfall zumindest 7,6 Prozent Kernkapitalquote (Erste Group), deutlich über den vorgeschriebenen 5,5 Prozent. Am besten hat dabei die Raiffeisen Landesbank Wien-NÖ abgeschnitten, die auf 11,8 Prozent kommt.

Allerdings hat der Bilanzcheck (Asset Quality Review) bei heimischen Geldhäusern relativ hohe Anpassungen zur Folge gehabt. Laut Zahlen der EZB mussten die heimischen Banken 2,99 Milliarden Euro berichtigen. In Relation zur Größe des Bankensektors – gemessen an den risikogewichteten Aktiva – musste nur in Griechenland, Zypern, Slowenien und Portugal mehr berichtigt werden.

Kritik an Szenarien

Einige Analysten hatten bereits vor der Veröffentlichung kritisiert, dass die makroökonomischen Szenarien nicht streng genug seien. Ein Beispiel ist die Inflationsrate: Sie liegt für 2014 im "adversen", also dem strengen, Szenario bei einem Prozent für die Eurozone. Tatsächlich geht die EZB mittlerweile selbst von weniger aus. "Die EZB hat kein Deflationsszenario gestresst", gibt auch Guntram Wolff, Leiter der Brüsseler Denkfabrik Bruegel im Gespräch mit derstandard.at zu bedenken: "Dabei ist klar, dass eine sehr niedrige Inflationsrate die faulen Kredite steigen lassen wird." Denn Unternehmen und Konsumenten hätten in diesem Fall noch größere Schwierigkeiten, um ihre Kredite zurückzuzahlen.

Christian Noyer, oberster französischer Notenbanker und Mitglied im EZB-Rat, gab sich am Sonntag "hoffnungsfroh, dass die Klarheit über die Banken der Eurozone die Kreditvergabe ankurbeln wird". Ob der Stresstest wirklich zu der erhofften Erholung führen wird, bleibt aber offen. Europas Unternehmen sehen sich einer schwachen Nachfrage gegenüber und haben daher bis zuletzt Investitionspläne aufgeschoben. "Dazu kommt, dass die Summe der faulen Kredite in dem schwachen Wirtschaftsumfeld weiter steigen werden", warnt Ökonom Wolff. Viel Raum für einen europäischen Kreditboom gebe es daher nicht. (Lukas Sustala, derStandard.at, 26.10.2014)