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Klo putzen, Staub saugen, Boden wischen. Das kann man alles auch selbst machen, muss man aber nicht. Putzfrauen werden in Österreich immer noch häufig schwarz bezahlt. Onlineplattformen sind die neuen Player am Markt. So manchem bereiten sie Kopfzerbrechen.

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Lord und Lady nehmen ihr Frühstück im Morgenmantel ein. Währenddessen wuselt das Personal durch die Gemächer, schwingt den Staubwedel, wischt den Parkettboden auf und poliert das Silberbesteck. In der britischen Fernsehserie Downton Abbey wird das Leben von Upstairs und Downstairs, von Lordschaft und Bediensteten, gezeigt. Die moderne Form des Hausbediensteten sieht schon lange ganz anders aus.

Im richtigen Leben ist Reinigungspersonal schon lange nicht mehr nur der Upper Class vorbehalten. Egal, ob in der WG, im Singlehaushalt der schwer beschäftigten Abteilungsleiterin oder im Reihenhaus der Kleinfamilie: Sich eine Putzfrau zu leisten ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Seit geraumer Zeit tummeln sich neue Player am Markt für Putzdienstleistungen. Die nächste Putzfrau ist da oft nur ein paar Klicks entfernt. Book a Tiger, CleanAgents, Helpling, so heißen die "Marktplätze" im Internet, auf denen dreckige Wohnungen und Staubwedel zueinander finden sollen. Mittlerweile auch in Österreich. In der Branche beobachtet man die Onlinekonkurrenz jedenfalls sehr genau. Denn die Plattformen sind nur Vermittler von selbstständig Tätigen, zumeist Putzfrauen.

Schwarz geputzt

In fremden Wohnungen wurde schon vor dem Internet geputzt. Traditionellerweise werden die "Perlen" über Empfehlung weitergereicht. Traditionellerweise werden in Österreich aber gerade auch Putzdienstleistungen oft an der Steuer vorbei bezahlt. Der Schwarzmarktexperte Friedrich Schneider schätzt den Pfuschanteil beim Putzen 2013/2014 auf ein Volumen von zirka 250 Millionen Euro ein.

Mit dem Dienstleistungsscheck sollte nicht nur diese Form der bezahlten Hausarbeit auf eine legale Basis gehoben werden. Seit 2006 können sogenannten "haushaltsnahe Dienstleistungen" in privaten Haushalten damit bezahlt werden. Im vergangenen Jahr wurden Reinigungsarbeiten, Kinderbeaufsichtigung oder einfache Gartenarbeiten im Gesamtvolumen von knapp fünf Millionen Euro mit Dienstleistungsschecks bezahlt.

Die Schecks können in der Höhe von fünf beziehungsweise zehn Euro erworben werden. Der Stundenlohn wird zwischen Dienstgeber und Arbeitnehmer selbstständig ausgehandelt, unter den Mindestlohn darf er aber nicht fallen. Bei ein und demselben Arbeitgeber ist eine Beschäftigung nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze möglich. Automatisch ist die Unfallversicherung integriert. Eine freiwillige Kranken- und Pensionsversicherung ist möglich.

Onlineplattformen

Eine andere Variante bieten die Internetplattformen für Putzdienstleistungen an. Sie schalten sich nun quasi in die Weiterreichung von "Perlen". Und sie wollen damit natürlich auch Geld verdienen.

Das Berliner Unternehmen Book a Tiger startete im August mit seinem Angebot in Österreich. Aktuell bieten sie ihre Dienste nur in Wien an, derzeit wird aber an einer Expansion Richtung Linz, Graz, Salzburg und Innsbruck gearbeitet. Weniger als 100 Personen putzen via Auftrag von Book a Tiger. Sie sind Studenten oder machen es als Nebenjob, erklärt Claude Ritter, Kogründer des Unternehmens. Die Mehrheit der "deutlich dreistelligen" Aufträge kommt aus Privathaushalten, die Kunden sind etwas häufiger weiblich denn männlich. Eine Stunde Putzen kostet für Kunden hier 15 Euro, 20 Prozent Provision behält Book a Tiger für die Vermittlung ein, bleiben 11,50 Euro, die an die Putzkraft ausbezahlt werden.

Helpling ist seit Juni 2014 am österreichischen Markt, auch das ein deutsches Unternehmen. Helpling selbst gehört zum Internetuniversum von Rocket Internet. Unlängst ging das deutsche Unternehmen, zu dem auch Zalando gehört, an die Börse. Nikolai Vitzthum, Geschäftsführer von Helpling-Österreich, zeigt sich mit der Entwicklung in Österreich ebenfalls zufrieden. Mit Zahlen knausert man auch hier, die Anzahl der Putzkräfte liege im "dreistelligen Bereich", bisher wurden weit mehr als 1000 Reinigungen durchgeführt. "Typische Kunden" gebe es nicht, von Berufstätigen über jüngere Familien bis hin zu WGs. Auch bei Helpling kostet die Stunde Putzen 14,90 Euro (13,90 Euro bei Folgeaufträgen), nach Provision bleiben hier brutto elf bis zwölf Euro als Stundenlohn übrig.

Gemein ist den beiden Putzplattformen auch das Prozedere beim Anheuern. Nach Prüfung von Personalien, polizeilichem Führungszeugnis und Gewerbeschein, gibt es einen Probedurchgang beim Putzen. Ab dann startet die Vermittlung. Algorithmen bei der Suche sollen sicherstellen, dass die Putzkraft, die dem Auftragsort am nächsten ist, benachrichtigt wird. Für Reisekosten kommen die Plattformen nämlich nicht auf. Putzmaterial muss der Kunde zur Verfügung stellen, die Versicherung im Schadensfall liegt bei der Plattform.

Arbeitsrechtliche Kritik

In der Putzbranche treffen die Onlinekonkurrenten auf gemischte Gefühle. Bei der Arbeiterkammer horcht man jedenfalls auf und befürchtet einen "weiteren Schritt in Richtung Prekarisierung". Helga Hess-Knapp von der AK rechnet vor: bei den elf Euro, die an die Putzkräfte ausgezahlt werden, bleiben nach Abzug von Sozialversicherung und Lohnsteuer fünf bis sechs Euro übrig – ein niedriger Stundenlohn. Zudem bleiben Sonderzahlungen wie Urlaubsersatzleistungen ungeregelt. Ein Los, mit dem Selbstständige ohnehin zu kämpfen haben.

Auch auf der Arbeitgeberseite ist man vorsichtig. Gerhard Komarek, der Innungsmeister der Wiener Denkmal-, Gebäude und Fassadenreiniger, hält die Idee der Onlineplattformen grundsätzlich gut, stellt sich aber die Frage, ob diese mit dem österreichischen Arbeitsrecht kompatibel seien. Es könnte einer Umgehung von Beschäftigungsverhältnissen gleichkommen. Ein Problem, das mit freien Dienstnehmern auch schon in anderen Branchen aufkam.

Sowohl Arbeiterkammer als auch Wirtschaftskammer befürchten zudem ein Preisdumping. Komarek: "Die Betriebe stehen unter Druck, die müssen 19 bis 20 Euro pro Stunde verlangen, damit sich die Arbeit lohnt und die Arbeitnehmer adäquat bezahlt werden. Im Durchschnitt kostet ein angestellter Mitarbeiter eine Putzfirma pro Stunde 16,50 Euro."

Unabhängig

Bei Helpling kann man den Vorwurf, Beschäftigungsverhältnisse zu umgehen, nicht verstehen. Das Unternehmen sieht sich als weitere Möglichkeit Aufträge als Reinigungskraft zu finden. Jeder "Kooperationspartner", so nennt das Unternehmen die Putzhilfen, sei ein selbstständiger Dienstleister. Sie könnten selbst entscheiden, ob ein Auftrag angenommen wird oder nicht und würden gerade die Unabhängigkeit und Flexibilität schätzen.

"Im Moment" arbeite man auf selbstständiger Basis, sagt Ritter von Book a Tiger, aber der Bereich sei stark in Bewegung. Selbstständigen könne das Unternehmen nicht vorschreiben, wann sie arbeiten sollen. Sollte die Qualität des Angebots leiden, werde Book a Tiger auch über die Anstellung ihrer Putzkräfte nachdenken. Ritter: "Ich glaube fest daran, dass diese Art der Arbeitsbeschaffung für Servicedienstleister die Zukunft ist." Regularien müssten dementsprechend angepasst werden, sagt Ritter weiter, Ähnliches könne man derzeit auch im Taxigewerbe mit dem Anbieter Uber beobachten. (Daniela Rom, STANDARD, 28.10.2014)