Als exzellenter Polit-Netzwerker brachte Noch-OMV-General Gerhard Roiss die vorgeblich ent(partei)politisierte Networking-Lounge ÖIAG unter Präsident Siegfried Wolf (links) durcheinander.

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Wien - Wahrscheinlich, aber nicht so fix wie vor einer Woche scheint die Kündigung des Vorstandsvertrags von ÖIAG-Chef Rudolf Kemler vor der für Donnerstagnachmittag anberaumten außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der ÖIAG. "Vorstandsangelegenheiten" ist neben "Berichten der Beteiligungen" wohl der einzige Tagesordnungspunkt, "gegessen" sei die Entscheidung über die Verkürzung des im Oktober 2011 geschlossenen Fünfjahresvertrags mit Kemler aber nicht.

Im Gegenteil. Beobachter berichten von intensiven Gesprächen mit zuständigen Politikern, allen voran den Eigentümervertretern im Finanzministerium - und dass Kemlers Mandat auch weiterlaufen könnte. Der Personalausschuss des ÖIAG-Aufsichtsrats unter Präsident Siegfried Wolf könnte die ungeliebte Entscheidung durchaus der Regierung überlassen, die sich auf eine "ÖIAG neu" allerdings erst einigen muss. Die Positionen der Koalitionspartner seien dabei aber noch immer "maximal entfernt" voneinander, formuliert es eine mit der Materie vertraute Person.

Ein Jahr für Kemler

Wird Kemlers Vertrag, dem wenig Fortune beim Syndikatsvertrag mit Telekom-Großaktionär América Móvil (Amov) ebenso angelastet wird wie miserables Krisenmanagement im Führungsstreit in der OMV, verkürzt, endet sein Mandat am 31. Oktober 2015. Können sich die 14 Mitglieder des ÖIAG-Aufsichtsrats nicht auf eine Linie einigen, läuft es bis 2017.

In Regierungskreisen wünscht man sich, dass Kemler bleibt und für eine geordnete Übergabe im Zuge der ÖIAG-Reform sorgt. Wiewohl Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bis Ende November Eckpfeiler einschlagen will, ob sich ÖIAG-Gesetzänderung und Vorstandsausschreibung binnen Jahresfrist ausgehen, ist angesichts des bisherigen Tempos fraglich. Auf APA-Anfrage wollte sich Schelling dazu nicht äußern.

Aufsichtsrat unberechenbar

Kontrollierbar ist der sich selbst erneuernde Aufsichtsrat - theoretisch könnte bereits eine Nachfolgerin für die im September abgetretene ÖIAG-Rätin Brigitte Ederer installiert werden - von der Regierung nicht. Theoretisch könnten sich die ÖIAG-Aufseher sogar einer Eigentümerweisung widersetzen, was jedoch als Affront und daher unwahrscheinlich gilt.

Stichwort ÖIAG-Beteiligungen: Bei den Telekom-Aktionären ist Mehrheitseigentümer Amov endgültig angekommen. Die Mexikaner halten nun 59,9 Prozent, also knapp neun Prozent mehr, als sie laut Syndikatsvertrag haben dürfen. Diese Menge ließ nicht nur den Streubesitz an der Wiener Börse auf elf Prozent schmelzen, sie habe auch technische Verkäufe ausgelöst, was den Aktienkurs zeitweise um zwölf Prozent abstürzen ließ.

Der Amov-Anteil muss binnen 24 Monaten auf 51 Prozent zurückgefahren werden. Dabei dürfte die noch im Herbst geplante Kapitalerhöhung hilfreich sein. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 23.10.2014)