Inside Heinrich von Kleist könnte man den Viennale-Eröffnungsfilm in Anlehnung an den der Coen-Brüder im letzten Jahr nennen. Wanderte im Greenwich Village der 1960er ein Folkmusiker auf einer Abwärtsspirale wie eine Nadel über Vinyl, so gestaltet der Dichterheld in Jessica Hausners Amour fou sein Elend selbstinitiativ mit. Er will unbedingt sterben, nur eben nicht allein. Hausner stattet das Projekt dieses verzwickten Menschen mit Komik aus: Liebe als romantisches Sehnen? Eher eine rhetorische Anstrengung.

Mit Amour fou wäre auch das Verhältnis des Viennale-Direktors Hans Hurch zum österreichischen Kino allzu leidenschaftlich beschrieben. Dieses erinnerte manchmal mehr an eine alte, unglückliche Ehe, für die Scheidung keine Option war. Man denke nur an den unnötigen Streit zwischen Ulrich Seidl und Hurch um einen galatauglichen Programmplatz im Viennale-Jubiläumsjahr.

Umso besser, dass der Auftakt heuer mit der wohl eigensinnigsten heimischen Filmemacherin bestritten wird. Natürlich muss man Hausners Schaffen nicht über nationale Zugehörigkeit diskutieren. Doch ihre Wahl ist auch die Anerkennung eines (politischen) Bekenntnisses zu einem persönlichen Kino. Das kann auch ein internationales Festival - nach La Pivellina 2009 - ruhig wieder einmal unterstreichen.

Schön wäre es, wenn es um eine aufrichtige Zuwendung zu filmischen Formen ginge, um eine Auseinandersetzung mit dem Kino - über den Eröffnungsabend hinaus. Mit dem Viennale-STANDARD versuchen wir, dieses Feld mitaufzupflügen: mit Kritiken, Interviews und Analysen, die bei der Orientierung helfen oder den Filmbesuch gedanklich ein wenig verlängern. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 23.10.2014)