"Meine Partei war immer nur Europa. Wir dürfen den Rechts- und Linkspopulisten nichts schenken!" Starke Schlussworte zum wachsenden Nationalismus, die José Manuel Barroso den Abgeordneten im Plenum des Europaparlaments beim letzten Auftritt in Straßburg mit auf den Weg gab. So unauffällig er sonst auch war, das muss man dem scheidenden Präsidenten lassen: Wenn es um Grundrechte, gegen Rassismus ging, war auf seine Leute Verlass - anders als bei den Regierungschefs.

Die Kommission legte sich mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wegen der Massenabschiebung von Roma ebenso an wie mit Viktor Orbáns krudem Verfassungsverständnis. Leider war der Portugiese sonst selten so mutig, als es nötig gewesen wäre, in der Wirtschaftskrise einer gemeinsamen Politik das Wort zu reden, die den Ursachen des Nationalpopulismus etwas entgegensetzt. Die liegen in der sozialen Krise und den Zweifeln von Millionen Jungen an ihrer Zukunft. Europa braucht mehr Leistung, vor allem aber eine sozialere Politik. Das muss "ganz oben" auch jemand formulieren, als Zielsetzung für die Mitgliedstaaten.

Das obliegt nun Jean-Claude Juncker. Trotz ein paar Stolperern bei den Anhörungen vor den EU-Abgeordneten hat er so viele exzellente Kommissare wie kein Präsident zuvor. Gelingt es ihm, daraus ein Team der starken Mitte zu formen, dürfen die Bürger auf eine bessere Union hoffen. Ein Scheitern will man sich nicht ausmalen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 22.10.2014)