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Totti feiert Tore stets gedanklich bei den Kindern.

Foto: Reuters/Noble

Rom/Wien - Es kommt der Tag, an dem auch ein Francesco Totti Abschied nimmt. Die Anhänger der AS Roma werden dann nicht so recht wissen, wie es ohne einen weitergehen soll, der eigentlich immer da war, über den man sich, wenn es nicht so recht laufen wollte, ziemlich ärgerte, den man aber zumeist vergötterte. Die Tifosi von Juventus Turin haben diese Phase der Orientierungslosigkeit, der Leere, schon hinter sich. Es ist mehr als zwei Jahre her, dass der damals nicht ganz 38-jährige Alessandro Del Piero gehen musste, weil sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Nach seinem 698. Pflichtspiel für die Alte Dame war Schluss gewesen, fast 19 Jahre nach Del Pieros erstem Einsatz im September 1993.

Totti debütierte im März 1993 für Roma, war da allerdings erst 16 Jahre alt. Seither hat er mehr als 700 Pflichtspiele für seinen Klub absolviert und also Del Piero, seinen Kollegen aus der Weltmeistermannschaft von 2006, übertroffen. Seit 1. Oktober, seit Romas 1:1 im Gruppenspiel bei Manchester City, ist der gebürtige Römer aus San Giovanni der älteste Torschütze der Champions League. Den Rekord von 38 Jahren und drei Tagen weiter auszubauen, zum Beispiel gegen die Bayern, ist weniger wichtig.

Was Totti gebürt

Rudi Garcia, Franzose und seit einem Jahr Trainer der Roma, wünscht sich, dass Totti den ersten Triumph der Giallorossi in der Königsklasse noch als Aktiver erlebt. "Das hätte er bei seiner fantastischen Karriere wirklich verdient", sagte der 50-Jährige in einem Interview mit dem Fachmagazin kicker.

Viel Zeit bleibt da nicht mehr, obwohl Totti immer wieder versichert, wie gut er sich noch fühle, trotz seiner nun schon 21 Saisonen in der Tretmühle namens Profifußball. Sein Vertrag war im Vorjahr noch einmal bis Sommer 2016 verlängert worden. Danach soll er den Verein managen, was insofern schon bemerkenswert ist, als er beim Anhang der jeweiligen Gegner und vor allem natürlich bei jenem des ewigen Stadtrivalen Lazio Rom als rechter Einfaltspinsel hingestellt wird.

Genial, aber unbeherrscht

"Er Pupone", der große Bube, hat diesen Ruf angenommen, ja ihn kultiviert. Etwa durch Herausgabe eines Buches mit den besten Witzen über ihn. Das Werk verkaufte sich zwei Millionen Mal - zugunsten des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen Unicef. Und die Einnahmen aus den Fernsehübertragungsrechten an Tottis Hochzeit mit der Entertainerin Ilary Blasi gingen an ein Tierschutzhaus.

Auch wegen solcher Aktionen ist es längst kaum noch ein Thema, dass Totti zwar als genialer, aber auch unbeherrschter, ja zuweilen brutaler Spieler galt. Nach einem üblen Foul an Mario Balotelli im Finale der Copa Italia 2010 gegen Inter Mailand kam er gar in den Ruch, ein Rassist zu sein. Diesbezügliche Anschuldigungen von Balotelli bestritt Totti.

Schöner mit Totti

Die Aktion kostete ihn allerdings die Teilnahme an der folgenden WM-Endrunde. Und wenn der Tag kommt, an dem Totti seine AS Roma nur noch vom Büro aus managt, wird man sich vielleicht daran erinnern, was er damals zur Squadra Azzurra sagte, die in Südafrika ohne ihn als Titelverteidigerin versagte: "Ich weiß nicht, ob sie mit mir eine bessere Mannschaft gewesen wäre. Aber eine schönere bestimmt." (lü, DER STANDARD, 21.10.2014)