Im Jahr 2000 wurde in Schrems mit der Renaturierung des Hochmoors begonnen.

Sonja Eder

Die Himmelsleiter wurde errichtet, um den Besuchern einen Überblick über den Naturpark zu geben.

Sonja Eder

Das angrenzende Infozentrum "UnterWasserReich" klärt über die Besonderheiten und die Entstehung von Mooren auf.

Foto: Sonja Eder

Schrems - Die Blätter leuchten in allen Farben, die sie im Herbst zu bieten haben. Die Sonne scheint durch das Laub, Vögel zwitschern. Es riecht nach feuchter Erde. So stellt man sich ein kleines Naturparadies mitten im Wald vor.

Im Naturpark in Schrems im Waldviertel ist das die Realität. Doch das war nicht immer so. Vor rund 30 Jahren wurde hier noch Torf abgebaut, was den Verlust von vielen Quadratmetern Moor zur Folge hatte. Inzwischen ist das Schremser Hochmoor aber ein positives Beispiel für ein Umdenken und für einen erfolgreichen Ausstieg aus dem Torfgeschäft. Im Jahr 2000 wurde das Gebiet unter Naturschutz gestellt und vor zehn Jahren mit der Renaturalisierung begonnen. Das Hochmoor im Waldviertel ist mit rund 300 Hektar das größte Moor in Niederösterreich. Jedoch sind schon 90 Prozent der heimischen Moore unwiederbringlich zerstört.

Die am meisten gefährdeten Gebiete

Weltweit bedecken Moore eine Fläche von vier Millionen Quadratkilometern. Das entspricht etwa drei Prozent der Erdoberfläche oder, anders gesagt, der Gesamtfläche aller 28 EU-Staaten. Im ersten Moment hört sich das nach viel an, Moore sind aber die am meisten gefährdeten Gebiete der Welt. Dabei bilden sie einen einzigartigen Mikrokosmos in der Natur und geben einer außergewöhnlichen Flora und Fauna eine Heimat. Jedes Moor besteht etwa zu 95 Prozent aus Wasser, der Rest sind pflanzliche Materialien. Sie sind aber auch ein wichtiger CO2-Speicher. Mit einem Volumen von rund 550 Millionen Tonnen Kohlenstoff gelten sie als die wichtigsten CO2-Senken der Erde.

Moore entstehen nur in besonders niederschlagsreichen Gebieten mit einer wasserstauenden Bodenschicht. Je nachdem, wie das Moor seine Feuchtigkeit bezieht, unterscheidet man Hoch- und Niedermoore. Hochmoore bilden sich aus Regen und aus Zuflüssen. Niedermoore versorgen sich über das Grundwasser. Der ständige Wasserüberschuss führt zu Sauerstoffmangel, und Pflanzenreste können so nur unvollständig abgebaut werden; sie werden unterhalb der lebenden Pflanzenschicht abgelagert. Diese Ablagerung ist der Torf: ein organisches Sediment und eine Vorstufe der Kohlenbildung. Es dauert rund 1000 Jahre, bis eine Torfschicht von einem Meter entsteht. Wegen dieses geringen Wachstums von einem Millimeter pro Jahr wird Torf nicht zu den nachwachsenden Rohstoffen gezählt.

Gute Eigenschaften als Rohstoff

Obwohl der Abbau von Torf für das Moor sehr schädlich ist, hat er als Rohstoff an sich sehr gute Eigenschaften. Torf wird als Energieträger zum Heizen, in der Medizin und in der Kosmetikbranche genutzt. Am häufigsten wird Torf aber im Gartenbau als Grundstoff für Erde verwendet, da er einerseits ein guter Wasserspeicher ist, sich aber auch sehr gut aufdüngen lässt, da er selbst eher nährstoffarm ist. Außerdem reichert Torf aufgrund seiner festen Faserstruktur den Luftgehalt im Boden an.

Um diese Vorteile im Alltag nutzen zu können, muss man den Rohstoff aber erst abbauen. Das passiert nur in Hochmooren, die dafür trockengelegt werden, um den Maschinen den Zugang zu erleichtern. Das darüberliegende Moor wird dabei unwiederbringlich zerstört. Gleichzeitig wird das dort gespeicherte CO2 freigesetzt, was ein Zehntel der durch Menschen erzeugten Treibhausgase ausmacht.

Umweltschäden und Artenbedrohung

Obwohl der Torfabbau gravierende Umweltschäden und eine massive Artenbedrohung auslöst, werden in der EU pro Jahr noch immer 63 Millionen Kubikmeter gewonnen. Die heimische Produktion ist mittlerweile fast zum Stillstand gekommen: 1991 hat Österreich die Alpenschutzkonvention unterzeichnet und sich damit zur Erhaltung von Hoch- und Niedermooren und zum mittelfristigen Ausstieg aus der Torfnutzung verpflichtet. Im letzten Jahr wurden aber 163.000 Tonnen Torf, unter anderem aus Deutschland, Lettland, Tschechien, Litauen, Estland und Weißrussland, importiert.

Da der Großteil des Torfs für die Herstellung von Erde verwendet wird, muss man für einen erfolgreichen Ausstieg aus der Torfnutzung Ersatzstoffe finden, die gleich gute Eigenschaften mitbringen. Unter anderem kommen dabei Mischungen aus Rinden- und Grünkompost sowie Kokos- und Holzfasern zum Einsatz, diese sind allerdings auch teurer als Torf.

Bellaflora steigt aus dem Torfhandel aus

Das österreichische Unternehmen Bellaflora hat mit seiner torffreien Eigenmarke bereits eine Vorreiterrolle eingenommen. Die Führung des Gartencenters hat nun angekündigt, langfristig komplett aus dem Torfhandel auszusteigen.

Viele Konsumenten wissen allerdings nur wenig über Torf und die negativen Nebenwirkungen seiner Gewinnung. Daher wurde in den 70er-Jahren die Ramsar-Konvention beschlossen. Der völkerrechtliche Vertrag verpflichtet 160 Staaten zum Schutz von Feuchtgebieten und darüber hinaus auch dazu, Aufklärungsarbeit zu leisten. In Österreich gibt es derzeit 19 Ramsarschutzgebiete mit einer Fläche von rund 138.000 Hektar. Auch das Hochmoor in Schrems gehört der Konvention an und ist damit vom Torfabbaugebiet zum Naturpark geworden. (Von Antonia Hauenschild, DER STANDARD, 23.10.2014)