Hongkong - In der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong ist es am Wochenende erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und prodemokratischen Demonstranten gekommen. Bei einem Einsatz der Sicherheitskräfte in der Nacht auf Sonntag wurden 20 Menschen verletzt, wie die Behörden mitteilten. Demonstranten warfen der Polizei übertriebene Gewalt vor.

Das Gesprächsangebot der Hongkonger Führung an die Studenten konnte die angespannte Lage zunächst nicht entschärfen. Dutzende Bereitschaftspolizisten drängten die Demonstranten im Stadtviertel Mong Kok (Mongkok) auf der Halbinsel Kowloon am frühen Sonntagmorgen an einer Barrikade zurück und setzten dabei auch Schlagstöcke ein. Einige der Verletzten trugen Kopfverletzungen davon, wie Reporter und Mediziner berichteten. Nachdem es bereits in den vergangenen Tagen zu gewaltsamen Polizeieinsätzen gekommen war, trugen einige der Demonstranten Helme und andere Schutzkleidung.

Minimale Kraft

Die Polizei erklärte, sie habe "minimale Kraft" eingesetzt, als Demonstranten sich den Polizeilinien genähert hätten. Der Bürgerrechtler James Hon warf den Einsatzkräften hingegen vor, genau dieses Prinzip missachtet und schwere Verletzungen der Demonstranten in Kauf genommen zu haben. Hongkongs Finanzchef John Tsang erklärte, die Proteste hätten einen "kritischen Moment" erreicht. Noch sei es aber nicht zu spät für einen Rückzug, appellierte er an die Demonstranten.

Teilnehmer der Kundgebung berichteten, sie seien grundlos attackiert worden. "Wir haben nichts getan. Einige Leute hinter mir spannten ihre Regenschirme auf und dann fing die Polizei an, auf uns einzuschlagen. Wir haben uns nicht aggressiv verhalten", berichtete der 30-jährige Jackie, der eine blutige Wunde am Kopf erlitt.

Das Stadtviertel Mong Kok ist seit einigen Tagen Hauptbrennpunkt des Geschehens. Erst am Samstag hatten mehrere tausend Demonstranten ein Protestlager zurückerobert, das die Polizei am Freitag geräumt hatte. Auch dabei gab es heftige Zusammenstöße mit der Polizei.

Dialog am Dienstag

Die Führung in Hongkong will den Dialog mit den Studenten am Dienstag fortsetzen. Bei den Gesprächen werde es um eine Verfassungsreform gehen, teilte Hongkongs Vize-Verwaltungschefin Carrie Lam am Samstag mit. Der Studentenverband HKFS äußerte sich zunächst nicht zu dem Angebot. Einer der Führer der Protestbewegung, Lester Shum, sagte, die Bewegung werde nicht von den Straßen weichen.

Die Hoffnungen auf einen Durchbruch sind ohnehin gering. Denn auf die Hauptforderungen der Demonstranten wird die Führung in Hongkong kaum eingehen. Neben dem Rücktritt von Verwaltungschef Leung Chun Ying verlangt die Demokratiebewegung vor allem freie Wahlen im Jahr 2017. Die chinesische Zentralregierung will den Bürgern Hongkongs in drei Jahren erstmals die Wahl des Verwaltungschefs erlauben. Peking will die Kandidaten aber vorher selbst auswählen. (APA, 19.10.2014)