Hongkong - Nach drei Nächten gewaltsamer Zusammenstöße in Hongkong zwischen Anhängern der Demokratiebewegung und der Polizei hat die Führung der chinesischen Sonderverwaltungszone am Samstag Gespräche für Dienstagnachmittag angeboten. Bei den Gesprächen werde es um eine Verfassungsreform gehen, teilte Hongkongs Vize-Verwaltungschefin Carrie Lam mit.

Protestlager zurückerobert

Mehrere tausend Demonstranten eroberten unterdessen ein Protestlager zurück, das die Polizei erst am Freitag geräumt hatte. Lam kündigte an, dass beide Seiten an den live übertragenen Gesprächen am Dienstag mit jeweils fünf Vertretern teilnehmen könnten. Der Studentenverband HKFS äußerte sich am Samstag zunächst nicht zu der Ankündigung. Einer der Führer der Protestbewegung, Lester Shum, sagte am Abend vor tausenden Demonstranten, die Bewegung werde nicht von den Straßen weichen. Sollte die Regierung sie wegräumen wollen, werde es "Aktionen" geben.

Der Studentenverband hatte bereits am Freitag nach der Räumung eines Protestlagers gewarnt, damit würden die "Grundlagen der Gespräche" gefährdet. Allerdings wurde das Protestlager am Samstag von tausenden Demonstranten wieder besetzt. Dabei gab es heftige Zusammenstöße mit der Polizei.

Pfefferspray und Schlagstöcke

Die Ordnungskräfte versuchten in der Nacht mit Pfefferspray und Schlagstöcken, die Wiedereinnahme des Platzes durch die Demokratiebewegung zu verhindern. Die Demonstranten setzten sich jedoch mit Regenschirmen, dem Symbol der Demokratiebewegung, gegen die Polizei zur Wehr. Am Samstagmorgen zog sich die Polizei dann teilweise zurück, was von den Demonstranten mit Freudenrufen quittiert wurde. Nach Eroberung des Areals errichteten sie erneut Barrikaden.

An der Aktion nahmen nach Angaben der Polizei rund 9000 Menschen teil. Es seien 26 Demonstranten festgenommen worden, 15 Polizisten hätten Verletzungen erlitten. Die Auseinandersetzung spielte sich auf einer viel befahrenen Straße im Geschäftsviertel Mongkok ab. Erst am Freitag hatten mit Bolzenschneidern und Sägen ausgerüstete Polizisten die Straße geräumt und wieder für den Verkehr geöffnet.

Polizei spricht von illegalen Handlunge

Hongkongs Polizeichef Andy Tsang sagte am Samstag, die Sicherheitskräfte hätten sich bisher in der Hoffnung zurückgehalten, dass sich die Proteste "beruhigen" würden. "Unglücklicherweise aber haben die Demonstranten beschlossen, ihre illegalen Handlungen fortzusetzen, darunter Handlungen, die noch radikaler und gewaltsamer sind", sagte Tsang vor Journalisten.

Die Demokratiebewegung fordert die freie Wahl des Verwaltungschefs im Jahr 2017, die chinesische Führung beharrt jedoch auf der Vorauswahl der Kandidaten. Nach wochenlangen friedlichen Massenprotesten ging die Polizei zuletzt immer wieder gewaltsam gegen die Demonstranten vor.

Am Donnerstag war Verwaltungschef Leung Chun Ying überraschend auf die Protestbewegung zugegangen und hatte ihr Gespräche angeboten. Gleichzeitig machte Leung jedoch deutlich, dass er weder - wie von den Demonstranten gefordert - zurücktreten noch auf die anderen Kernforderungen der Bewegung eingehen werde. Zudem kündigte er eine Fortsetzung des Polizeieinsatzes gegen die Barrikaden an.

Einen Termin für die Gespräche hatte Leung nicht genannt. Kurz vor Beginn des gewaltsamen Polizeieinsatzes hatte der HKFS Leung für den Beginn des Dialogs eine Frist bis kommenden Mittwoch gesetzt. (APA, 18.10.2014)