Frans Verbeecks Gemälde "Der Narrenhandel".

Foto: Dorotheum

Details dem Gemälde, die auf den ersten Blick rätselhaft bleiben und die in vielfältiger Weise von der Unausrottbarkeit menschlicher Dummheit erzählen, die auch operativ nicht entfernbar ist.

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Die Spuren, die der Name Verbeeck in der Kunstgeschichte hinterließ, sind eher fragmentarischer Natur. Eine weitverzweigte Malerdynastie, die in Mechelen, einer belgischen Stadt in der Provinz Antwerpen, angesiedelt war. Die "Gruppe Verbeeck", nennen Kunsthistoriker die Künstler, die aufgrund kompositorischer, stilistischer und ikonografischer Verwandtschaften für die überschaubare Menge von 16 Gemälden als Ausführende angenommen werden; inklusive Werkstattarbeiten scheinen 33 nachweisbar, fasst Alexander Wied (bis 2008 Kustos der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum Wien) bisherige Forschungsergebnisse zusammen.

Der um 1510 zur Zeit der Statthalterschaft der Habsburgerin Margarete von Österreich in Mechelen geborene und 1570 ebendort verstorbene Frans Verbeeck war das bekannteste Mitglied dieser Familie. In der Tradition der niederländischen Malerei ist er zwischen Hieronymus Bosch (1450- 1516) und Pieter Brueghel dem Älteren (1525/30-1569) angesiedelt.

Von Letzterem übernahm er 1563 die Leitung der sogenannten Lukasgilde. Diese regelte auf gewisse Weise deren Berufsstand. Mitglieder erhielten das Recht, ihre Werke auf dem öffentlichen Kunstmarkt zu verkaufen. Teils pflegte die Gilde innerhalb ihrer Reihen eine Qualitätskontrolle durch Markung der Kunstwerke mit einem Stempeleisen, eine Maßnahme, die den Käufern europaweit eine beständige Qualität der Kunstproduktion versprach.

Die zunftartige Bruderschaft unterstützte auch die Gründung einer Werkstatt mit Lehrlingen, deren Arbeiten automatisch in den Besitz des Meisters übergingen. Bis etwa 1600 waren Signaturen nicht üblich, man verstand sich wohl eher als Handwerker denn als Künstler, begründet Dorotheums-Experte Alexander Strasoldo. Das erklärt, warum die in Ateliers wie jenem von Frans Verbeeck I. (1510-1570) entstandenen Arbeiten in der Praxis des Kunstmarktes nur ihm oder seiner Werkstatt zugeschrieben werden.

Das bislang einzig ihm zuordenbare Gemälde Narrenhandel befand sich bis vor kurzem in belgischem Privatbesitz und gelangt kommende Woche im Zuge der Auktion Alter Meister (21. 10.) im Dorotheum zur Versteigerung. Ausgestattet mit einem ambitionierten Schätzwert von 900.000 bis 1,2 Millionen Euro, dürfte die Zielgruppe der spezialisierte Kunsthandel im angelsächsischen Raum sein. Das Interesse sei deutlich, nicht nur der angeforderten Zustandsberichte wegen, gibt Strasoldo im Vorfeld Einblick.

Motivisch handelt es sich um ein unterhaltsames Werk, wiewohl die tatsächliche Deutung der einzelnen Sequenzen auf den ersten Blick rätselhaft bleibt - nicht nur weil die spätmittelalterliche Symbolik aufgrund ihrer Mehrdeutigkeit oftmals eine Herausforderung ist. Künstler jener Epoche hinterließen keine schriftlichen Aufzeichnungen, die für eine detaillierte Erläuterung hilfreich wären. Stattdessen empfiehlt sich das Studium zeitgenössischer satirischer Lektüre.

Seit dem 15. Jahrhundert war die Figur des Narren Träger von Zeit- und Moralkritik und wurde in volkstümlicher Literatur, die menschliche Schwächen durch Karikierung und Übertreibung beschrieb, aufgegriffen. Solche Narrenliteratur (u. a. Sebastian Brants illustriertes Das Narrenschiff, 1494) diente Künstlern vielfach als Quelle bzw. Vorlage.

Im Falle der Verbeeck'schen Satire auf die Narrheit beschäftigte sich Alexander Wied intensiv mit der Dechiffrierung der Bildbotschaften. Im Zentrum des Gemäldes, das den Blick auf eine wiesenbegrünte Landschaft führt, stehen mit kleinen Männchen Handel treibende Kaufleute, laut Wied eine Allegorie, die verbildlicht, dass menschliche Torheit immer im Umlauf und somit unausrottbar sei.

Und darauf nehmen die auf dem Bild verteilten Episoden vielfältig Bezug: etwa beim Krämer, auf dessen Stirn ein kleiner Narr sitzt, der mit dem Hammer einen Stein bearbeitet. Die simple Botschaft: Dummheit lässt sich operativ nicht entfernen, die Operation ist nutzlos und sohin ebenfalls närrisch. Während im Hintergrund Nachschub herantransportiert und die Ladung neuer Narren abgewogen wird, säugt und füttert eine alte Närrin links im Bild ihren Nachwuchs.

Über dem Reigentanz rechts im Hintergrund baumelt ein Käfig: darin ein Narr, der auf einem Ei sitzt, aus dem wiederum ein Narr schlüpft. Ein Verweis auf ein niederländisches Sprichwort ("Man lasse keinen Narren Eier ausbrüten"), wonach Narren nur wieder Narren ausbrüten können. (Olga Kronsteiner, Album, DER STANDARD, 18./19.10.2014)