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Nur durch verstärkte seuchenhygienische Maßnahmen oder aber eine wirksame Impfung lässt sich Ebola in den Griff bekommen, sagt Virologe Franz X. Heinz.

Foto: Georg Hochmuth/apa

STANDARD: Wie realistisch ist ein Ebola-Ausbruch in Europa?

Heinz: Es ist durchaus realistisch, dass ein Infizierter das Virus auch zu uns bringt. Angesichts der langen Zeit zwischen Infektion und Ausbruch von bis zu drei Wochen, in denen der Betroffene wunderbar herumreisen kann.

STANDARD: Wie wird es weitergehen?

Heinz: Das ist ziemlich ungewiss im Moment. Nach meinen Informationen ist es völlig unklar, ob die Situation in Afrika unter Kontrolle gebracht werden kann. Bisher war das noch immer der Fall.

STANDARD: Was muss dafür geschehen?

Heinz: Gelingen kann das nur durch massive Hilfe von außen, sowohl in Form von Material und Personal als auch von Know-how. Auch muss die Bevölkerung lernen, wie man eine Übertragung verhindern kann. All diese Faktoren sind freilich nicht neu.

STANDARD: Ein größerer Ausbruch war also vorprogrammiert?

Heinz: Zumindest ist er sicher keine Überraschung. Bisher gelang es aber immer, die Wellen nach maximal 500 Erkrankungen aufzuhalten. Die jetzige Epidemie übersteigt aber alles bisher Dagewesene.

STANDARD: Woran liegt das?

Heinz: Die Ursachen sind nicht ganz klar, es spielt sicher eine Rolle, dass diesmal auch städtische Gebiete betroffen sind und Westafrika bislang keinerlei Erfahrung mit solchen Infektionen hatte. Aber auch die nicht ausreichende Hilfe von außen spielt da mit.

STANDARD: Wie kann man Ebola therapieren?

Heinz: Es gibt derzeit keine spezifische, nur eine symptomatische Therapie. Die Zustände, die man bekommt, beruhen vor allem auf der überschießenden Immunreaktion des Körpers - sie kann man behandeln, die Krankheit nicht.

STANDARD: Wie vielversprechend sind aber die Kandidaten für Wirkstoffe, etwa ZMapp?

Heinz: Das ist schwer zu sagen. ZMapp setzt auf eine passive Immuntherapie mit der Gabe von Antikörpern. Diese könnten innerhalb einer gewissen Zeitspanne nach der Infektion helfen. In welchem Ausmaß oder in welchen Fällen, dazu gibt es aber noch keine Studien. Derzeit tut man alles, um die normalerweise sehr langen Zulassungsfristen zu verkürzen.

STANDARD: Das ist auch ein ethisches Problem.

Heinz: Ja, da gibt es eine große Diskussion. Es gibt noch keine Zulassungs-, keine Toxizitätsstudien. Es ist sicher eine schwierige Frage. Aber in einer Situation ohne wirkliche Alternativen muss man hier vielleicht lockerer sein als sonst - und hoffen, dass es wirkt.

STANDARD: Könnten diese Wirkstoffe ein weiteres Ausbreiten der Krankheit verhindern?

Heinz: Meiner Ansicht nach hat die Behandlung von Einzelnen für die Ausbruchssituation keinen wirklichen Einfluss. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder seuchenhygienische Maßnahmen kommen doch noch zu einem Erfolg, oder aber eine breite Immunisierung mit einem neuen Impfstoff.

STANDARD: Sind unsere Spitäler ausreichend vorbereitet?

Heinz: Nach meinen Informationen schon. Die Gesundheitsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, Institutionen vorzubereiten und entsprechende Schulungen durchzuführen. Das verläuft alles in den richtigen Bahnen.

STANDARD: Ist die Panikmache mancher Medien begründet? Muss man Angst haben?

Heinz: Ich weiß nicht, ist es Panik? Ich meine, man muss sich vorbereiten. Wir kennen die Situation: Das Virus ist wirklich gefährlich, tötet die Hälfte der Betroffenen, kann sich unter bestimmten Bedingungen sehr leicht ausbreiten, ist schwierig zu behandeln. Panik ist sicher nicht angebracht, aber man muss besorgt sein und sich entsprechend vorbereiten. Es braucht eine realistische Sicht auf die Dinge. (Florian Bayer, DER STANDARD, 17.10.2014)