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Europäer können Google dazu verpflichten, Links zu unangenehmen Dingen aus der Vergangenheit nach längerer Zeit aus dem Netz verschwinden zu lassen.

Foto: Reuters

Auch österreichische Medien sind von dem "Recht auf Vergessen" betroffen, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Mai dieses Jahres propagierte. Dieser verpflichtete Google und andere Suchmaschinen, Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten aus den Ergebnislisten zu streichen. Seit Juli kommt Platzhirsch Google dem Entscheid nach und entfernt Treffer in seinen Suchergebnissen. Darunter auch eine Handvoll Standard-Artikel.

So wurde ein Artikel über den österreichischen Neonazi Gottfried Küssel im Zusammenhang mit der rechtsextremen Homepage Alpen-Donau.info aus dem Google-Index entfernt. Im Standard-Archiv ist der Text weiterhin abrufbar. Auch ein weiterer Artikel, der sich mit rechten Umtrieben beschäftigt, wurde von Google ebenfalls aus seiner Trefferliste entfernt.

Kritik an der Praxis

Betreiber von Webseiten bekommen von Google eine Mitteilung über entsprechende Löschungen. Der genaue Grund für die Entfernung wird dabei nicht genannt. Eine Praxis, die Google immer wieder Kritik beschert, verschwinden so doch haufenweise Verweise zu kritischen Beiträgen.

So wurden Links zu Artikeln in deutschen Medien entfernt, die etwa über Scientology oder rechtsextreme Netzwerke berichten. In England war ein Bericht über einen Schiedsrichter, der im Zusammenhang mit einer Entscheidung in einem Fußballspiel gelogen hatte, nicht mehr auffindbar. Nach Presseberichten über diese Löschung reagierte Google und machte den Artikel wieder zugänglich.

Harsche Worte zum Recht auf Vergessen fand die Wikipedia-Community, die in der Löschung von Verweisen auf die Online-Enzyklopädie "Zensur" sieht. Auch habe das "Gericht es versäumt, eins der wichtigsten und universellen Rechte zu schützen: das Recht, Informationen zu suchen, zu empfangen und weiterzuvermitteln", so eine Sprecherin.

Öffentliches Interesse

Eine Sichtweise, die auch von Verbraucherschützern und Internetexperten geteilt wird. Sie haben Betreiber von Suchmaschinen aufgefordert, nicht so häufig den Löschanträgen von Bürgern nachzugeben. Auf einem Treffen des Expertenbeirats für Google zum "Recht auf Vergessen" verwiesen die Sachverständigen am Dienstag in Berlin auf das öffentliche Interesse an bestimmten Informationen. Michaela Zinke vom Verbraucherzentrale-Bundesverband forderte eine konsequente Prüfung, ob ein Löschantrag tatsächlich eine Information über einen Bürger als private Person betreffe. So könne beispielsweise die Bewertung eines privaten Anwenders auf der Handelsplattform Ebay durchaus im öffentlichen Interesse sein. Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied von "Reporter ohne Grenzen", verlangte, dass journalistische Inhalte generell von Link-Entfernungen ausgenommen werden sollten. Die Publisher der verlinkten Inhalte sollten vor einer möglichen Löschung des Links angehört werden. Google Österreich rät, sich bei strittigen Löschungen an eine lokale Datenschutzbehörde zu wenden.

Zahlreiche Löschungen

Allerdings kommt die Möglichkeit, Links bei einer Verletzung der Privatsphäre aus dem Index von Suchmaschinen entfernen zu lassen, gut bei der Bevölkerung an. Rund fünf Monate nach dem Urteil des EuGH zum "Recht auf Vergessen" im Internet hat Google rund 147.000 Löschanträge europäischer Kunden erhalten. Darunter über 2.900 Ansuchen aus Österreich. Dies geht aus einem Transparenzbericht hervor, den Google vergangene Woche veröffentlicht hat. Ferner kann dem Bericht entnommen werden, wie hoch Googles Löschquote ist. So wurde die Löschung von fast 498.000 Links beantragt, wovon 42 Prozent wirklich aus den Sucheinträgen entfernt wurden. Hierzulande sollten circa 11.000 URLs verschwinden, dabei liegt die Löschquote europaweit im Spitzenfeld, nämlich bei 54 Prozent. (Markus Sulzbacher, DER STANDARD, 16.10.2014)