Von der Gasprinzessin bis zu Darth Vader: Die 52 Parteien bei der Parlamentswahl in der Ukraine präsentieren eine bunte Mischung an 6.422 Kandidaten. Wie schon bei der letzten Parlamentswahl im Jahr 2012 wird das ukrainische Parlament, die Rada, nach der 50/50-Formel besetzt: Die Hälfte der Abgeordneten wird über den Stimmanteil der Parteien bestimmt (samt Fünf-Prozent-Hürde), die andere Hälfte wird in den 225 Wahlbezirken durch eine einfache Mehrheit gewählt.

Bedingt durch die Annexion der Krim und die Unmöglichkeit, in den von Aufständischen kontrollierten Teilen der Regionen Donezk und Luhansk zu wählen, reduziert sich bei der Wahl am Sonntag jedoch die Anzahl der Wahlkreise. Neben den zwölf Wahlkreisen auf der Krim sind nach Angaben der Zentralen Wahlkommission zumindest acht Wahlkreise in der Region Donezk und sechs in der Region Luhansk betroffen. Nach aktuellem Stand werden der nächsten Rada daher lediglich 424 der ursprünglich 450 Mandatare angehören. Die Favoriten stehen schon Tage vor der Wahl fest:

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Block Poroschenko

42 Mandatare treten in der Partei von Präsident Petro Poroschenko an. Um einen Neustart im Land zu erreichen, setzt Poroschenko auf Transparenz, eine neue Regierung, freie Wahlen, die Dezentralisierung der Macht, Maßnahmen gegen die Armut und die Wiederherstellung des Rechtsstaats.

Neben Vertretern der Partei Udar (Schlag), die selbst nicht antritt, deren Vorsitzender Witali Klitschko aber Spitzenkandidat des Poroschenko-Blocks ist, finden sich auch Vertreter der Maidan-Protestbewegung in der Partei. Nicht unumstritten ist das Antreten des 29-jährigen Präsidentensohns Olexi in der Region Winnyzja, da es Beobachter an den Nepotismus der Ära des gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch erinnert.

Jüngste Umfragen prophezeien dem Block Poroschenko gut 35 Prozent der Wählerstimmen.

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Die Volksfront

Mit Ministerpräsident Arseni Jazenjuk, Innenminister Arsen Awakow und Parlamentspräsident Alexander Turtschinow haben drei prominente Funktionäre der Vaterlandspartei von Julia Timoschenko den Rücken gekehrt und die Volksfront gegründet. Die Partei will Menschen zusammenbringen, die ein einzelnes gemeinsames Ziel verfolgen: den Schutz der Ukraine vor Aggressoren von außen.

Nach Ansicht der Volksfront ist es unmöglich, einen starken, unabhängigen Staat ohne Sieg in der Konfrontation mit Russland aufzubauen. Im Gegensatz zu vielen anderen Parteien hält die Volksfront weiter am Assoziierungsabkommen mit der EU fest.

Die Volksfront liefert sich mit der radikalen Partei von Oleg Ljaschko und Timoschenkos Vaterlandspartei ein enges Rennen um Platz zwei. Aktuellen Umfragen zufolge könnte die Partei rund 15 Prozent der Wählerstimmen erreichen.

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Die Bürgerliche Plattform

Vorsitzender der konservativen Bürgerlichen Plattform ist der ehemalige Verteidigungsminister Anatoli Grizenko. Im September hatte die Demokratische Allianz verkündet, sich für die Parlamentswahl mit der Bürgerlichen Plattform zu vereinigen. Umfragen zufolge könnte die Partei auf zehn Prozent der Stimmen kommen und damit Platz drei erreichen.

grytsenko.com.ua

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Die Vaterlandspartei

Die Partei von Julia Timoschenko setzt in ihrem Programm auf den "Sieg der Ukraine" – vor allem gegen den russischen Aggressor. Auf Listenplatz eins kandidiert die Soldatin Nadija Sawtschenko. Es handelt sich um eine symbolische Kandidatur, denn Sawtschenko sitzt nach ihrer Gefangennahme durch Aufständische bei Luhansk in Moskauer Untersuchungshaft. Ihr wird der Tod zweier russischer Journalisten durch Granatenbeschuss angelastet.

Timoschenko ist davon überzeugt, dass sie mit ihrem Programm der Ukraine Frieden bringen und den Krieg beenden kann. Laut aktuellen Umfragen könnte die Partei ungefähr zehn Prozent der Stimmern erlangen.

AP/Olexander Prokopenko

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Die Radikale Partei von Oleg Ljaschko

Die Radikale Partei von Oleg Ljaschko zielt auf den Sieg im Ukraine-Krieg ab. "Das ganze Land sollte die Ostfront unterstützen, von der aus Russland die Ukraine zerstören möchte." Im März brachte Parteivorsitzender Ljaschko einen Gesetzesentwurf ein, in dem er das Ende aller diplomatischen Beziehungen zu Russland forderte.

Auf ihrer Website spricht die Partei auch von der "Neutralisierung" innerer Feinde: "Hunde und Saboteure des Parlaments, Beamte, Separatisten im Osten, korrupte Polizisten und Diebe, Geschäftsleute. Diejenigen, die für die Ermordung ukrainischer Söldner verantwortlich sind, sollen für ihre Taten bezahlen."

Ljaschko selbst, der bei der Präsidentschaftswahl im Mai mit 8,3 Prozent den dritten Platz belegte, ist am Kriegsgeschehen in der Ukraine aktiv beteiligt. Ihm wird unter anderem von Amnesty International die Folter willkürlich verhafteter Menschen vorgeworfen, die Rede ist auch von "gravierenden Verletzungen internationaler rechtlicher Standards".

Seit Ende August liegt die Radikale Partei in Umfragen bei 11 bis 13 Prozent und könnte damit zweitstärkste Kraft in der Rada werden.

AP/Osman Karimov

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Selbsthilfe-Partei

Parteivorsitzender Andri Sadowi sieht sich Tage vor der Wahl mit dem Vorwurf konfrontiert, er stehe Ex-Präsident Wiktor Janukowitsch nahe. Begründet wurde das mit seiner angeblichen Anwesenheit bei einer Janukowitsch-Geburtstagsfeier vor mehreren Jahren. Vor zwei Wochen fand in Lwiw, jener Region, in der Sadowi Bürgermeister ist, eine Demonstration gegen ihn statt. Als Organisator wurde ein lokaler Geschäftsmann vermutet, der als Mitstreiter eines Financiers der rechten Swoboda-Partei gilt. Umfragen zufolge könnte die Partei um die neun Prozent der Wählerstimmen erreichen.

AP/Darko Vojinovic

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Swoboda (Die Freiheitspartei)

Die Nachfolgeorganisation der Sozial-Nationalen Partei der Ukraine vertritt einen extremen antirussischen Chauvinismus, setzt sich für eine "Ukrainifizierung" des Landes ein und will laut Parteiprogramm ähnlich wie Ljaschkos Radikale Partei eine "radikale Säuberung" im Land durchführen. Auf der Krim und in Sewastopol soll wieder eine verfassungsgemäße Ordnung entstehen. Die prowestliche Partei spricht sich für einen Beitritt zur NATO aus. Laut Umfragen ist noch offen, ob die Partei die Fünf-Prozent-Hürde schafft oder nicht.

reuters/DAVID MDZINARISHVILI

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Silnaja Ukraine (Die starke Ukraine)

Das Parteiprogramm des ehemaligen Vizeministerpräsidenten Sergej Tigipko umfasst unter anderem die Wiederherstellung von Frieden und die Vereinheitlichung des Landes, den Aufbau eines professionellen Heers, die Wiederherstellung der Industrie, den wirtschaftlichen Patriotismus und den Kampf gegen die Korruption. Die Partei fordert zudem die Einführung des Russischen als zweiter Amtssprache und lehnt einen Beitritt zur NATO ab. Gegenwärtig liegt die Partei in Umfragen bei acht Prozent.

Reuters/STRINGER

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Der Oppositionsblock

Die erst im September gegründete Partei von Juri Bojko dient quasi als Sammelbecken für ehemalige Vertreter der "Partei der Regionen" von Ex-Präsident Janukowitsch sowie sechs anderer Kleinparteien.

Auch der Oppositionsblock wurde Tage vor der Wahl, ähnlich wie die Selbsthilfe-Partei, Opfer einer "Janukowitsch-Attacke": Ein marginales russisches Internetportal hatte die Nachricht verbreitet, dass der nach Russland geflohene Ex-Präsident eine öffentliche Wahlempfehlung für den Oppositionsblock abgeben würde. Eine solche Freundschaftsgeste könnte jedoch für die Partei das politische Aus bedeuten.

Der Oppositionsblock setzt auf das Schaffen von Frieden im Land. Die Gesetzeslage soll reformiert und die Regierung dezentralisiert werden. Umfragen zufolge liegt die Partei jedoch weit unter der Fünf-Prozent-Hürde.

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Die Kommunistische Partei

Die Kommunistische Partei (KPU) gilt in der Ukraine als zweitwichtigste "prorussische" Partei. Während der Proteste auf dem Maidan im Februar wurden die Parteibüros der KPU in Brand gesetzt, Funktionäre überfallen und zusammengeschlagen, und die Fraktion wurde durch ein eigens zu diesem Zweck verabschiedetes Gesetz aus dem Parlament verbannt.

Bei der Parlamentswahl im Jahr 2006 erlitt die Partei einen herben Rückschlag, als sie von 20 Prozent auf nur vier Prozent abstürzte. Bei der Wahl am Sonntag droht sie ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. (Alexandra Koller, derStandard.at, 23.10.2014)

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