Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien musste am Dienstagabend in Belgrad beim Stand von 0:0 abgebrochen werden. Ein ferngesteuerter Quadrocopter mit albanischer Fahne und der Darstellung eines großalbanischen Staates schwebte in der 41. Minute ins Stadion. Gleichzeitig landeten Leuchtfeuer auf dem Spielfeld. Schon davor gab es kleinere Zwischenfälle auf den Tribünen.
Spur nach Skopje
Der Zwischenfall könnte das Werk einer Gruppe albanischer Fans aus der mazedonischen Hauptstadt Skopje gewesen sein. Die Fangruppe Shvercerat bekannte sich laut dem albanischen TV-Sender Top Channel zu der Aktion in Belgrad.
"Werke und nicht Worte", schrieb die Fangruppe auf Facebook. Nach serbischen Medienberichten untersuchte die Polizei am Mittwoch eine serbisch-orthodoxe Kirche unweit des Sportstadions. Es wird nämlich angenommen, dass die Drohne mit der umstrittenen Flagge vom Kirchenturm aus gestartet war.
Bruder von Regierungschef Edi Rama bestreitet Verwicklung
Zunächst wurde vermutet, dass der Bruder des albanischen Regierungschefs Edi Rama die Drohne von der VIP-Loge aus gesteuert hatte. Nach Angaben des Senders RTS, der sich auf Informationen des serbischen Innenministeriums bezog, soll Olsi Rama sogar kurzfristig festgenommen worden sein.
Rama allerdings hat laut der staatlichen serbischen Presseagentur Tanjug jegliche Verwicklung in die "Großalbanien"-Flaggen-Aktion bestritten. Er sei in Belgrad auch nicht festgenommen worden. "All dies ist eine Fehlinformation serbischer Medien gewesen", versicherte Rama demnach in einem Telefongespräch gegenüber dem TV-Sender Klan Kosova.
Schlägereien auf dem Spielfeld
Als der serbische Spieler Stefan Mitrovic die Fahne an sich riss und die Drohne zum Absturz bringen wollte, brachen Schlägereien zwischen Spielern und Funktionären beider Teams aus. Auch Schläger aus dem Publikum schafften es bis aufs Spielfeld.
Das albanische Team musste schließlich unter Beschuss durch diverse Wurfgegenstände in die Kabinen flüchten. Der englische Schiedsrichter Martin Atkinson unterbrach zunächst kurz vor der Halbzeit, ehe er eine Dreiviertelstunde später entschied, die Partie endgültig abzubrechen. Nun ist die UEFA am Zug, Europas Fußballverband wird Disziplinarverfahren gegen beide Verbände eröffnen.
Keine Auswärtsfans erlaubt
Die Verbände Serbiens und Albaniens hatten sich im Sinne der Deeskalation vor dem Spiel auf den Ausschluss der Auswärtsfans geeinigt, auch zum Rückspiel in Albanien im kommenden Jahr sollen keine serbischen Anhänger nach Tirana reisen.
Hintergrund sind die belasteten Beziehungen zwischen beiden Ländern. Der Kosovo mit seinem großen albanischen Bevölkerungsanteil gehörte lange Zeit dem früheren Jugoslawien und später auch noch Serbien an, ehe 1999 ein Krieg um die Region zur späteren Unabhängigkeit des Gebiets führte. Kommende Woche wird der albanische Premierminister Edi Rama als erster Regierungschef des Landes seit 1947 in Belgrad erwartet.
Zusammenstöße in Wien
Aufgrund der Eskalation in Belgrad sammelten sich laut Wiener Polizei gegen 21.30 Uhr etwa 50 Albaner auf der Wiener Ottakringer Straße und warfen Flaschen auf ein vermutlich serbisches Kaffeehaus. Auch bengalische Feuer wurden gezündet.
Die Polizei konnte nach eigenen Angaben die Randalierer vorerst stoppen, gegen 22.30 Uhr sammelten sich aber mindestens 200 Serben ebenfalls nahe der Ottakringer Straße und versuchten die inzwischen errichteten Polizeisperren zu durchbrechen.
Um Zusammenstöße zu vermeiden, wurden Kräfte der WEGA und der Diensthundeabteilung, die gesamte Bereitschaftseinheit sowie Streifenpolizisten aus allen Wiener Bezirken in Ottakring zusammengezogen. Darüber hinaus wurden die Ottakringer Straße und umliegende Straßenzüge sowie der äußere Gürtel teilweise für den gesamten Verkehr gesperrt.
Durch die große Präsenz konnte laut Polizei verhindert werden, dass die beiden Gruppen aufeinandertrafen, gegen 23.30 Uhr hätten sich beide Lager zerstreut. Verletzte gab es demnach nicht, dafür aber zahlreiche beschädigte Autos, darunter auch Polizeifahrzeuge. Um Mitternacht herrschte auf der Ottakringer Straße wieder Ruhe, alle Straßensperren konnten aufgehoben werden. Es blieben jedoch Teile der zusammengezogenen Polizeikräfte vor Ort. (red, derStandard.at, 15.10.2014)