Wie? Neue Schulden machen? Keine weiteren Einschnitte bei Sozialem, Gesundheit und Kultur, keine Gebührenerhöhungen? Die Journalisten staunten nicht schlecht, als KPÖ-Stadträtin Elke Kahr Eckpunkte des Grazer Budgets für 2015 und 2016 vorstellte, dass sie mit ÖVP-Bürgermeister - und seit Jahren Sparmeister - Siegfried Nagl verhandelt hatte. Keine Privatisierungen, Grundstücksankäufe für neue Parks. Auf einmal geht das alles? Es geht. Weil sonst nichts mehr geht.

Nicht für die rapide wachsende Grazer Bevölkerung und schon gar nicht für Nagl. Er stand so sehr unter Druck, dass er sämtliche Forderungen der zweitstärksten Partei erfüllen musste. FPÖ und Grüne hatten den Stadtchef zuvor abblitzen lassen. Die SPÖ war noch im Boot, doch mit ihr hat Nagl keine Mehrheit. Also musste die "unheilige" Allianz mit den Klassenkämpfern her. Sonst hätten Neuwahlen gedroht, bei denen Nagl nicht nur FPÖ-Chef Mario Eustacchio gefährlich geworden wäre, sondern auch die Neos. Die gab es bei der letzten Grazer Wahl noch gar nicht, und Nagls Unternehmerklientel passt ihnen wie ein Handschuh.

Möglich, dass dieses Budget nun Spuren von Populismus enthält, wie die Grünen monieren. Nagl kann das aber nur nutzen. Und die KPÖ hätte es sich kein weiteres Mal leisten können, vor konkreter Verantwortung den Schwanz einzuziehen. So mussten Don Camillo und Peppina an der Mur doch noch zueinanderfinden. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 15.10.2014)