Wien/Gumpoldskirchen - Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat den ORF geklagt, weil er durch dessen Berichterstattung auf der Online-Seite ORF.at sowie im Teletext die Unschuldsvermutung verletzt sieht. Er habe nicht zwei Millionen Euro von Novomatic erhalten, sagte Grasser bei der ersten Verhandlung dazu Freitagnachmittag im Wiener Straflandesgericht. Das Verfahren wurde auf 21. November vertagt.

Richter Thomas Spreitzer möchte zunächst jenes Gerichtsgutachten sehen, über das in dem ORF-Bericht geschrieben wurde. Als erstes Medium hatte die Wiener Stadtzeitung "Falter" im April darüber berichtet. Grasser zeigte sich vor Gericht empört. Er habe auf ORF.at "ein großes Fenster gesehen: Zwei Mio. Euro an Grasser". Das sei falsch, betonte der Ex-Minister. "Der Falter schrieb, 'Freunde von Grasser haben das bekommen' und der öffentlich-rechtliche ORF macht daraus, 'Grasser hat das bekommen'".

Grasser sieht Ehre verletzt

Der Bericht habe seine Ehre verletzt: "Hier wird mir unrechtmäßiges Verhalten unterstellt." Daher habe er den ORF geklagt, aber den "Falter" nicht. "Meine Sicht der Dinge ist meines Erachtens nicht enthalten." Auf Fragen des Richters musste Grasser bestätigen, dass gegen ihn strafrechtlich ermittelt werde, auch in der Causa Novomatic.

Der Chefredakteur von ORF Online, Gerald Heidegger, betonte vor Gericht, der Bericht sei unter Einhaltung der journalistischen Grundsätze verfasst worden. Er habe diesen nicht selbst geschrieben, sei aber dafür verantwortlich. Der Anwalt des Beklagten legte ein Protokoll des Korruptions-Untersuchungsausschusses vor, wo es um die Novomatic-Zahlungen ging. Es habe demnach schon damals den Verdacht von Geldflüssen an Grasser gegeben.

Grasser sagte zum Richter, er könne nicht ausschließen, dass er im U-Ausschuss auch dazu befragt worden sei, er wisse es aber nicht mehr. "Hier geht es lediglich um die Rechtsfrage, dass die Unschuldsvermutung verletzt wurde", warf Grassers Anwalt Klaus Ainedter ein. Der ORF-Artikel habe die journalistischen Sorgfaltspflichten verletzt.

Gerichtsgutachten

Der "Falter" hatte im April über das Gerichtsgutachten von Matthias Kopetzky berichtet, der die Zuwendungen des Glücksspielkonzerns Novomatic an Walter Meischberger und Peter Hochegger, die engsten Berater und Lobbyisten des Ex-Finanzministers, durchleuchtete. Die Novomatic habe für Lobbying zwei Millionen Euro gezahlt. Ziel sei die Aufweichung des Glücksspielmonopols gewesen. Einen direkten Geldfluss zu Grassers Konten habe Kopetzky nicht gefunden. Laut "Falter" zeige das Gutachten allerdings Bargeldabhebungen von Meischberger und Bargeldeinzahlungen von Grasser in zeitlichen Zusammenhang. Meischberger habe vom Zwei-Millionen-Auftrag der Novomatic an Hochegger 800.000 Euro bekommen, weiters habe er noch 120.000 Euro direkt vom Konzern für "Beratungsleistungen" bekommen.

Im Juli 2006 hatte das - damals von Grasser geführte - Finanzministerium eine Novelle des Glücksspielgesetzes vorgelegt, die privaten Glücksspielunternehmen wie Novomatic geholfen hätte. Die Novelle wurde aber nicht beschlossen. Novomatic hatte Korruptionsvorwürfe in dem Zusammenhang stets und vehement zurückgewiesen.

In der "komplexen Causa Novomatic" wird nach wie vor von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt, bestätigte deren Sprecherin auf Anfrage. (APA, 10.10.2014)