Alle haben gewusst, dass Alenka Bratušek eine schwache Kandidatin für den Posten der Energiekommissarin ist. Ihr Scheitern in Brüssel ist aber nicht so sehr die Folge ihres fehlenden Wissens - das haben andere auch. Frau Bratušek hatte keine Unterstützung von Parlamentariern jenseits der Liberalen. Und sie hat vor allem keine Unterstützung in ihrem Heimatland. Das Gegenteil war der Fall. Die Abschätzigkeit, mit der sie in Slowenien in den vergangenen Wochen behandelt wurde, hatte eine bizarre Seite und Züge von Neid und Missgunst.

Vor allem stehen aber handfeste Interessen anderer slowenischer Parteien dahinter, die ihre eigenen Kandidaten in Brüssel sehen wollen und alles taten, um Bratušek zu verhindern. Bratušek ist bereits zum zweiten Mal abserviert worden. Vergangenen April hatte sie "ihr" Mentor, Zoran Janković, gestürzt - sie war ihm zu unabhängig geworden. Und offenbar hatte sie sich geweigert, bestimmte Wünsche zu erfüllen, was eigentlich für sie spricht.

Das Absurde ist, dass es Bratušek war, die Slowenien aus dem ärgsten Banken- und Budgetschlamassel herausgeholt hatte - und das, obwohl ihr von allen Kommentatoren ein Scheitern prophezeit worden war. Sie arbeitete hart, und das schätzte man in Brüssel. Nicht so in Ljubljana. Bratušek kann man vorwerfen, dass sie in etwas hineingeschlittert ist und dies zu spät erkannt hat. Aber wenn man denen zuhört, die nun johlen, bleibt ein böser Nachgeschmack. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 10.10.2014)