Wien- Unter Barbara Haas soll die "Wienerin" künftig "dynamischer" werden: Seit 1. Oktober ist die gebürtige Steirerin, die zuletzt acht Jahre für "Österreich" tätig war, Chefredakteurin des Styria-Magazins. Das "solide und stabile Schiff" möchte sie wieder "mehr in die Debatte führen und gesellschaftspolitischer machen", so Haas im APA-Interview. Online lautet das Schlagwort hingegen Interaktivität.

"Wir sind auf einem guten Weg, bis in einem Jahr eine gut frequentierte Online-Schiene aufzustellen, wo es Austausch auf Augenhöhe gibt," umriss Haas das Vorhaben im digitalen Bereich. Die Leserinnen und Leser sollen eingeladen werden, sich zu beteiligen. "Da ist viel drinnen, wo man eine interaktivere Art und Weise gestalten könnte, um in Kontakt mit ihnen zu bleiben." Haas setzt dabei auch auf die Expertise von Katrin Halbhuber, die als Portalmanagerin für den Ausbau von "wienerin.at" zuständig zeichnet und zuletzt bei "Seitenblicke Online" das Ressort Fashion und Beauty leitete.

Was die Erwartungen im Online-Bereich anbelangt, meinte Haas: "Man muss realistisch sein. Ich kann nicht von Frauen, die ihre Jobs und Leben haben, verlangen, dass sie sich ständig mit der 'Wienerin'-Plattform beschäftigen." Als Magazin habe man den Nachteil, keinen tagesaktuellen Content zu liefern. Stattdessen müsse man die User "abholen, wo sie gerade sind, und dementsprechend die Angebote legen". Eine Orientierungsfunktion spiele dabei ebenso eine Rolle wie die Förderung von sozialem Engagement. "Außerdem spricht nichts dagegen, wenn man beispielsweise die neuesten Wintertrends für Beanies online macht, bevor man eine Strecke im Heft hat."

Das Online-Portal biete auch mehr Platz, um größere Fotoserien oder eine dichtere Berichterstattung zu bestimmten Themen wie etwa der New York Fashion Week zu liefern. Eine intensive Userbindung mit einem regelmäßigen Involvement auf täglicher Basis kann sich Haas aber nur schwer vorstellen. "Das wird schwierig werden. Auch andere haben hier Probleme. Man muss einfach auch experimentieren." Social Media werde jedenfalls - wie bereits jetzt - eine Rolle spielen, wobei das sehr nachrichtenlastige Twitter aus ihrer Sicht zu vernachlässigen sei.

Die journalistische Qualität müsse jedenfalls im Print wie online stimmen. "Grundsätzlich muss man das als Doppelstrategie sehen: Einerseits die Markenpflege, wo man zuhause ist, und andererseits wird man als Leser herausgefordert. Das betrifft genau das Diskutieren auf Augenhöhe", meinte Haas. Sie will auch den 30. Jahrestag der Gründung der "Wienerin" im kommenden Herbst als Anlass nehmen, "ein bisschen zu reflektieren". In dieser Zeit sei viel passiert, verwies Haas etwa auf die erste Chefredakteurin des Blattes, Marga Swoboda, der die damalige Frauenstaatssekretärin Johanna Dohnal (SPÖ) für die erste Ausgabe ein Interview verweigerte. "Seit damals ist viel passiert. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um die Themen Frauen und Feminismus zu reframen."

Die "Wienerin", die im ersten Halbjahr laut ÖAK eine verkaufte Auflage von rund 49.000 Stück sowie eine Reichweite von 3,6 Prozent im Vorjahr ausweisen konnte, müsse teils auch einen Spagat bei der Zielgruppe vollbringen. Haas bezog sich dabei etwa auf die Mode, wo man "so weit als möglich Richtung neuer Trends" gehen möchte, um attraktiv zu bleiben. Gleichzeitig gebe es für Frauen "in wiederkehrenden Abständen offenbar ähnliche Themen", die von Bedeutung sind. "Wenn es ehrlich gemacht ist und Leserinnen das Gefühl haben, dass da ein Experte wirklich etwas zu sagen hat, dann ist das Alter nicht so relevant", unterstrich Haas.

Vonseiten der Styria habe sie jedenfalls das Gefühl, dass man voll hinter dem Magazin stehe. Auch von ihrem neuen Team zeigte sich Haas angetan, das "ganz verknallt in diese Marke" sei. Wie sich der Magazinmarkt künftig entwickeln werde, darüber wollte sie sich kein Urteil anmaßen. Natürlich wolle man die eigene Position halten und im besten Falle ausbauen. "Aber mit den Magazinen ist es ein bisschen wie mit dem Biomarkt", stellte Haas einen Vergleich an. "Der ist Gott sei Dank größer als vor 20 Jahren, wird aber nicht 50 Prozent erreichen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir eine gemischte Gesellschaft sind." Außerdem sei sie nicht jemand, der "die Expansion um der Expansionswillen so rasend super findet". (APA, 9.10.2014)