Toyota RAV4: Abschied von der Geländewagenoptik

Der RAV4 hat eine interessante Reise hinter sich: vom kompakten Mitbegründer des kompakten SUV-Segments (1994, 3-Türer: 3,71 m lang) bis hin zur jüngsten Interpretation, die den Erstling um 86 Zentimeter überragt und den letzten Rest an Geländewagenoptik einem geduckteren Erscheinungsbild opfert. Crossover heißt das heute, Promenadenmischung klänge wohl nicht so nett. Nissans Qashqai ist auch so ein Typ, um nur ein weiteres erfolgreiches japanisches Beispiel zu nennen. Interessanterweise hat der Mazda CX-5 annähernd idente Dimensionen, schafft es aber respektive legt es sogar darauf an, als klassischer SUV in Erscheinung zu treten.

Foto: Stockinger

Gegenüber dem unmittelbaren Vorgänger ist der neue RAV4 um 21 cm gewachsen, und des Parkplatzsuchers Leid ist des Insassen Freud. Vorn wie hinten finden sich großzügige Platzverhältnisse, und in den Kofferraum passt schon was rein. Würde man hier Optimierungspotenzial orten, dann beim Automatikmechanismus der Heckklappe. Denn die öffnet und schließt gar zu zögerlich.

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Bei den Materialien setzt Toyota überall dort, wo man oft hinsieht und -greift, auf gehobene Anmutung - fein abgenähtes Leder, Stoffe, Carbonimitat. Überall sonst merkt man den Sparstift. Es kocht eben auch der Branchenprimus nur mit Wasser. Der praktisch-nützliche Charakter und seine Bestimmung, auch in den USA reüssieren zu müssen, manifestiert sich in einer Fülle von Ablagen und Becherhalterungen (zwei in der Mitte, je eine in den Türen).

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Hinsichtlich Design macht man bei den neuerdingsigen Toyotas, so auch beim RAV4, eine interessante Entdeckung: Neben den Hyundais der Ära Thomas Bürkle ist dies der einzige namhafte Automobilkonfektionär, der versucht, fernöstliche Architekturstilelemente zu übernehmen. Etwa die grundsätzliche Betonung der Horizontalen, dazu grundsätzlich kantig formulierte konvex-konkave Schwünge. Als Exempel seien außen etwa die Heckleuchten genannt, innen der Instrumententräger. Ein durchaus sympathisches Bekenntnis zur Herkunft.

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Fahrkapitel. Der RAV4 lässt sich recht flott bewegen, am Fahrwerk macht man dabei aber eine interessante, weil widersprüchliche Entdeckung. Bei niedrigem Tempo wirkt die Abstimmung nämlich straff, sogar mit einem gewissen Hang zum Poltern, bei flotterer Fahrt hingegen, Autobahn beispielsweise, würde man eher "komfortable Federung" notieren.

Mit Allrad an Bord findet uns der allzu frühe Herbst traktionstechnisch bestens vorbereitet, der Diesel kommt heimischen Kaufvorlieben entgegen. Pkw-Diesel und Toyota, das ist aber kein restlos beglückendes Kapitel. Weswegen die Japaner sich von der technischen Allianz mit BMW einiges versprechen, ein erster weiß-blauer Diesel ist bereits in einem Toyota (Verso) zu finden. Hinsichtlich Testwagen wäre anzumerken, dass der 124-PS-Motor kein Ausbund an Temperament, aber doch noch ausreichend spurtfreudig ist. Aus dem Verbrennungsprinzip macht er kein Geheimnis.

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Und was war das denn? Blinker einmal antippen, und es blinkt dreimal? Wer sagt's denn, geht doch. Endlich gibt's den Komfortblinker auch bei Toyota. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 10.10.2014)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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