Madrid/Freetown/Conakry - Nach dem ersten Ebola-Ansteckungsfall in Europa standen laut spanischen Medienberichten fünf Personen in einer Madrider Klinik unter Beobachtung. Die Labortests von zwei dieser Personen sind negativ ausgefallen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch, sich auf spanische Behördenvertreter berufend. Jene Krankenschwester, die Kontakt mit einer Ebola-infizierten Pflegerin gehabt habe, sei am Dienstagabend vorsorglich in das Krankenhaus Carlos III. eingewiesen worden, berichtete die Tageszeitung "El Pais". Zuvor waren bereits drei Personen als Verdachtsfälle eingestuft worden.

Bei der infizierten Pflegerin waren den Behörden zufolge zwei Tests positiv ausgefallen. Sie arbeitete in der Klinik Carlos III., in der im August und September zwei spanische Missionare nach ihrer Rückkehr aus Westafrika an Ebola gestorben waren. Die Krankenpflegerin war den Angaben zufolge einmal beim Missionar Garcia Viejo zur Behandlung und einmal zum Säubern des Zimmers auf der Isolierstation nach seinem Tod am 25. September. Am 30. September habe sie sich dann erstmals krank gefühlt, sei aber erst am 5. Oktober mit Fieber zum Arzt gegangen, sagten Behördenvertreter. Ihr Zustand sei stabil, das Fieber halte aber an.

Listen erstellt

Spanien will die weitere Ausbreitung des lebensgefährlichen Virus unbedingt verhindern. Allerdings konnten die Gesundheitsbehörden am Dienstag weitere Infektionen nicht grundsätzlich ausschließen. Die Behörden erstellten Listen aller Personen, mit denen die Infizierte zuletzt Kontakt hatte. Dazu gehören die rund 30 Mediziner und Pfleger, die mit ihr zusammengearbeitet hatten, sowie 22 Menschen aus ihrem privaten Umfeld und Mitarbeiter des Krankenhauses in der Madrider Vorstadt Alcorcon, in dem die Virus-Infektion festgestellt wurde. Sie wurden unter Beobachtung gestellt.

Ein in Liberia an Ebola erkrankter UN-Mitarbeiter soll ins Leipziger Klinikum St. Georg gebracht werden. Der Mann soll Donnerstagfrüh aus Liberia eingeflogen werden, sagte der Sprecher des sächsischen Sozialministeriums, Ralph Schreiber, am Mittwoch. Er bestätigte damit Informationen der "Leipziger Volkszeitung". Der Erkrankte ist der dritte Ebola-Infizierte, der in Deutschland behandelt wird.

Internationale Hilfe angekündigt

Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) gab am Mittwoch bekannt, in den kommenden Monaten dringend benötigte Hilfe für rund 90.000 Haushalte in Westafrika auf den Weg bringen zu wollen. Die Versorgung mit Lebensmitteln und die Existenzgrundlage der Menschen sei durch die Ebola-Epidemie massiv bedroht. Insgesamt will die UN-Organisation mit 30 Millionen US-Dollar (etwa 23,7 Millionen Euro) den Menschen helfen, dafür bat die FAO dringend um finanzielle Unterstützung und Spenden.

Die Europäische Union richtet indes eine Luftbrücke in die von der Ebola-Epidemie betroffenen Staaten in Westafrika ein. Mit rund einer Million Euro sollten Flüge nach Sierra Leone, Liberia und Guinea finanziert werden, kündigte die EU-Kommission am Dienstagabend in Brüssel an. Die erste von drei Großraummaschinen vom Typ Boeing 747 werde am Freitag rund 100 Tonnen Hilfsgüter von Amsterdam in die sierra-leonische Hauptstadt Freetown bringen.

EU baut Evakuierungssystem auf

Mit weiteren drei Millionen Euro will die EU ein Evakuationssystem aufbauen, mit dem im Notfall infizierte internationale Hilfskräfte in weniger als 48 Stunden in europäische Krankenhäuser gebracht werden können. Seit Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika hat die EU-Kommission nach eigenen Angaben bereits rund 180 Millionen Euro zur Unterstützung der betroffenen Staaten bereitgestellt.

In Österreich wird die Entwicklung in Spanien mit großer Aufmerksamkeit beobachtet. Im Gesundheitsministerium wurden am Dienstagabend detaillierte Ablaufpläne zum Umgang mit Ebola-Verdachtsfällen in Österreich vorgestellt. Es sei der Entschluss gefasst worden, "eine offensive Strategie zu gehen", um der Bevölkerung die Angst zu nehmen, sagte Ressortchefin Sabine Oberhauser (SPÖ) bei einem Pressegespräch. Experten versicherten, Österreich sei gut vorbereitet und geschützt. "Man muss sich wahrscheinlich vor jeder Grippe mehr schützen, als man sich vor Ebola schützen muss", hielt Oberhauser zu Beginn des kurzfristig einberufenen Termins fest.

Experte erwartet "keine Epidemie"

Die Infektion der Krankenschwester in Spanien wird nach Überzeugung eines führenden Experten keine Epidemie zur Folge haben. Ein solcher Fall sei erwartbar gewesen, sagte Peter Piot von der London School of Hygiene and Tropical Medicine in einer Telefonkonferenz der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf. "Die Behandlung von Ebolapatienten ist riskant, und gerade medizinisches Personal kann sich leicht infizieren."

Die Madrider Behörden gaben dennoch die Anordnung, den Hund der Krankenschwester einzuschläfern. Der Ehemann der Ebola-Kranken, der ebenfalls in die Quarantäne-Station eines Krankenhauses eingewiesen worden war, startete im Internet eine Kampagne zur Rettung des Hundes. "Er ist allein in der Wohnung, hat Nahrung und Wasser. Da kann er niemanden anstecken", sagte der Ehemann der Zeitung "El Pais". Tierschützer setzten sich im Internet für das Tier ein. Experten wiesen darauf hin, dass die Gefahr einer Ebola-Infektion bei Hunden bisher kaum erforscht sei.

In Guinea, Liberia und Sierra Leone sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits weit mehr als 3.400 Menschen an Ebola gestorben. Täglich werden neue Infektionen und Todesfälle bekannt. In den USA war vor rund einer Woche bei einem Mann aus Liberia Eboladiagnostiziert worden. Es war die erste Ebola-Diagnose außerhalb Afrikas seit Beginn der aktuellen Epidemie. (APA/dpa/Reuters, 8.10.2014)