Van Hout erwartet 25-mal ORF unter ersten 50 Kanälen.

Foto: M7 Group

Standard: HD Austria vermarktet HD-Programme deutscher Privatsender über Satellit gegen eine Zugangsgebühr, und das über die ORF-Satkarte. Sie wirken neuerdings nicht mehr so zufrieden mit der Kooperation mit dem ORF.

Van Hout: Wir sind in einer guten Kooperation mit dem ORF gestartet. Jetzt aber verpflichtet die ORS-Sendertochter Decoder- und Fernsehanbieter, private Fernsehsender mit Verschlüsselung erst ab Programmplatz 100 einzuspeichern. Das ist ein krasser Verstoß gegen den fairen Wettbewerb.

Standard: Und was soll demnach auf den Plätzen 0 bis 99 zu finden sein?

Van Hout: Der ORF möchte sicherstellen, dass all seine TV-Sender auf den ersten Programmplätzen voreingestellt sind.

Standard: In der Spezifikation stehen 14 HD-Sender – ORF 1, neun Bundesland-Versionen von ORF 2, ORF 3 unter den ersten 15 Kanälen, ORF Sport Plus unter den ersten 20 Kanälen – und dazu die ORF-2-Version ORF 2 Europe und Ö3, für das der ORF gerade eine Art MTV-Begleitprogramm mit Videos jedenfalls für das Web beantragt hat. Wobei die ORF-Vorgabe die Möglichkeit einräumt, die ORF-2-Bundesländerprogramme bis auf ein gewähltes auf Platz 2 auch als Paket am Ende der Programmliste zu speichern.

Van Hout: Wenn sie die parallel laufenden SD-Versionen der ORF-Programme noch dazunehmen, kommen Sie im Extremfall nach dieser Spezifikation auf mehr als 25 ORF-Programme unter den ersten 50.

Standard: Die Spezifikation listet aber nur die HD-Sender auf.

Van Hout: Aber es gab auch Gespräche, in denen der ORF diese Forderung auch für die SD-Sender aufgestellt hat. Wir sind nicht darauf eingegangen – und nun beansprucht der ORF mit seiner Hoheit über die Satellitenplattform die Hoheit über die Senderliste.

Standard: Wie kann der ORF seine Vorgaben durchsetzen?

Van Hout: Der ORF entscheidet, welche Sat-Decoder und Fernsehgeräte mit eingebautem Decoder mit der ORF-Decoderkarte verkauft werden dürfen. Da gibt es auch hohe Bußgelder. Der ORF hat mit der ORS eine marktbeherrschende Stellung am Markt der Fernsehübertragung in Österreich. Der ORF missbraucht diese Monopolstellung, um seine privaten Mitbewerber zu behindern – und bürdet nebenbei auch noch seinen Kunden massive Nachteile auf.

Standard: Wie erklären Sie sich die neue, offenbar doch etwas striktere Spezifikation?

Van Hout: Der TV-Marktanteil des ORF sinkt langsam unter 30 Prozent. Da versucht er mit technischen Maßnahmen, Kunden zu erschweren, andere Programme zu sehen. Das sieht man auch beim Antennenfernsehen: Der ORF pusht den neuen Standard DVB-T 2 mit hohem Druck, weil dort ja weniger Konkurrenzsender zu sehen sind als über Satellit. Noch deutlicher wird das bei den Vorgaben für die Programmlisten für Satellitenempfang – wenn fast alle ORF-Sender unter den ersten 50 Programmen gelistet sein müssen.

Standard: Werden Sie rechtlich gegen die Listenvorgaben des ORF vorgehen. oder überlassen Sie das Privatsendern, deren kostenpflichtige HD-Versionen erst ab Platz 100 stehen sollen? Die Wettbewerbsbehörde beschäftigt sich nach unseren Infos mit solchen Programmlisten.

Van Hout: Klar wird es da Schritte geben. Das geht auch nach europäischem Recht nicht, aber wir werden das zunächst in Österreich angehen. Wir hoffen, dass der ORF noch einsieht, dass er sich unfair gegenüber Privaten verhält. Da bekommt man das Gefühl, der ORF will die Leute zwingen, sein Programm zu schauen. Und wenn kostenpflichtig freizuschaltende Programme ab Platz 100 kommen – dann müsste auch der ORF ab Platz 100 kommen. In Deutschland wurde die Platzierung in einer Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher und privater Sender nicht diskriminierend geklärt.

Standard: Gab es Gespräche mit dem ORF?

Van Hout: Wir sind laufend im Gespräch mit dem ORF, haben wie Privatsender unsere Bedenken zu den Guidelines geäußert. Antworten stehen aus – der ORF hat einfach die Guidelines veröffentlicht. (INTERVIEW: Harald Fidler, DER STANDARD, 8.10.2014)

Reaktion: ORS weist Kritik zurück

ORS-Sprecher Michael Weber weist die Kritik auf STANDARD-Anfrage zurück: Die Decoder müssten mit dieser Spezifikation auch die ORF-Liste zur Auswahl anbieten – M7 wolle nur seine Pay-Liste auf den Decodern, sagt Weber, und erklärt: "Der Kunde darf nicht gezwungen werden, für HD zu bezahlen."

"Jeder Kunde kann wählen zwischen einer M7-Liste und einer freien Liste", womöglich auch weiteren Listen. Unter den ersten 25 wären in der vom ORF spezifizierten Liste etwa sechs Kanäle der ProSiebenSat.1-Gruppe, ergänzt Weber.

Weber verneint, dass die ORF-Liste automatisch voreingestellt bei Inbetriebnahme aufscheint – mehrere Listen würden beim Strat angeboten. Bei der ORS räumt man aber ein, dass man bei der ORF-Liste landet, wenn man bei den Auswahlmöglichkeiten zum Einstieg nur weiter klickt, ohne andere Optionen auszuwählen.

Die Spezifizierung (mit ORS-Logo abzurufen) stamme im Übrigen vom ORF und nicht von der ORS. Und: Bußgelder gebe es nicht.