Salzburg - Lungenkarzinome sind die häufigste tödliche Krebserkrankung in Österreich. Mit zielgerichteten therapeutischen und medikamentösen Maßnahmen lässt sich aber bei manchen Patienten auch bei fortgeschrittener Erkrankung die Überlebenszeit deutlich verlängern, hieß es am Wochenende beim Jahreskongress der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG) in Salzburg.

Im Jahr 2012 erkrankten österreichweit insgesamt 3.864 Menschen an einem Lungenkarzinom. Die Zahl der Todesopfer betrug 3.388. Im Durchschnitt seien nur etwa 15 Prozent der Patienten nach fünf Jahren noch am Leben. Das sind deutlich weniger als bei vielen anderen Krebserkrankungen, etwa bei Brustkrebs (86 Prozent) oder bei Dickdarmkrebs (61 Prozent). Die durchschnittliche Überlebensdauer bei fortgeschrittenen Lungenkrebs-Erkrankungen liegt bei einem Jahr.

Wachstum hemmen

Doch zwölf bis 15 Prozent der Betroffenen hätten die Chance auf eine relativ nebenwirkungsarme medikamentöse Therapie mit deutlich verlängerter Überlebenszeit, betonten Experten. Dies sei der neuen "zielgerichteten Krebstherapie" zu verdanken. Dank der Kenntnis spezifischer Signalwege, die das Wachstum von Krebszellen antreiben, werden immer mehr Medikamente entwickelt, die in diese Mechanismen eingreifen und sie blockieren.

"85 Prozent der Lungenkarzinome sind sogenannte nicht-kleinzellige Karzinome. Man kann davon ausgehen, dass die übrigen 15 Prozent der Tumore aus Zellen bestehen, die Genmutationen aufweisen, auf die solche Arzneimittel abzielen", so Maximilian Hochmair, Leiter des Arbeitskreises für "Pneumologische Onkologie" der ÖGP.

Zwar könne man mit diesen Arzneimitteln eine fortgeschrittene Lungenkarzinom-Erkrankung nicht heilen, aber die zielgerichtete medikamentöse Therapie könne die Krankheit bei ausgewählten Patienten durchaus stoppen oder zumindest bremsen.

Entscheidendes Tumorgewebe

Die Voraussetzung für eine solche Behandlung ist die genaue molekularbiologische Charakterisierung des Tumorgewebes. "Dazu verwendet man Gewebeproben, die entweder bei einer Bronchoskopie, im Rahmen einer Biopsie unter Kontrolle durch Computertomografie oder Ultraschall oder bei Operationen gewonnen werden", erläuterte Hochmair.

Derzeit werden Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom in spezialisierten Kliniken bereits auf drei verschiedene Genvarianten des Tumorgewebes untersucht: EGFR (vermehrte Rezeptoren für den Epidermalen Wachstumsfaktor EGF an der Zelloberfläche), EML4-ALK (eine in der Erbsubstanz vorliegende Fusion von zwei Gen-Bestandteilen) und ROS1, ein in Tumorzellen überexprimiertes Gen für das Enzym Tyrosin-Kinase.

Mittlerweile gibt es bereits zielgerichtete Medikamente, die jeweils spezifisch bei Vorliegen eines dieser genetischen Merkmale wirken. "Am bekanntesten sind hier Tyrosin-Kinase-Inihibitoren wie Gefitinib und Erlotinib und das seit August 2014 neu zugelassene Afatinib", so Hochmair.

Diese Medikamente wirken, wenn die Tumorzellen Mutationen beim EGF-Rezeptor aufweisen. Durch die Behandlung wird das über diese Rezeptoren ausgelöste Wachstumssignal für die Krebszellen blockiert. Zur Hemmung des ALK-Proteins gibt es zum Beispiel die Substanz Crizotinib. Auch bei ROS1-Mutationen ist bereits eine zielgerichtete medikamentöse Therapie möglich. Patienten, die auf solche Therapien gut ansprechen, haben eine deutlich gesteigerte Überlebenszeit. (APA/red, derStandard.at, 7.10.2014)