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Männerkonferenz in Wien: Was ist bei den Lebensentwürfen von Männern noch im Sinne der Gleichstellung zu tun?

Foto: APA/Arno Burgi

"Wir brauchen eine Überwindung der Trennung von aufgewerteter Arbeitswelt und abgewerteter Sorgetätigkeit zu Hause", erklärt der Soziologe Paul Scheibelhofer von der Universität Wien. In seinem Vortrag "Who cares? Männerbeteiligung in Familie und Partnerschaft" zeichnete er bei der Männerkonferenz in Wien in der Aula der Wissenschaften anschaulich die Geschichte eines Männlichkeitsmodells nach.

Mit Einsetzen der Industrialisierung und der damit verbundenen Trennung von öffentlicher und privater Sphäre sei es zu einer sogenannten "Hausfrauisierung" gekommen, die Sorgearbeit nicht als "Arbeit", sondern als "natürliche Berufung" der Frauen verstanden habe. Das habe zu einer "Feminisierung des Privaten" und "Maskulinisierung des Öffentlichen" geführt – mit Auswirkungen bis heute: In der öffentlichen Arbeitswelt seien "Konkurrenz, Dominanz und Härte" üblich und erwünscht gewesen, erst seit Ende der 1970er-Jahre sei langsam ein Ende des Familienernährermodells in Sicht. Das geschehe durch eine Prekarisierung, aber auch durch die Entgrenzung und Flexibilisierung der Arbeitswelt.

Diese habe mit zu einem "Männerbild in der Krise" geführt. Daraus ergeben sich für Scheibelhofer die Fragen: Weitermachen wie gehabt? Die Sorgearbeit auf Kosten von noch weniger privilegierten Frauen, meist MigrantInnen auslagern? Oder egalitäre Arbeitsteilung? Letztere erscheint ihm als beste Lösung. Die Realität sieht noch anders aus: Laut einer EU-Vergleichsstudie leisten Männer in Österreich knapp 25 Prozent der unbezahlten Hausarbeit und rund 31 Prozent der Kinderbetreuung (Statistik Austria 2009).

Der Teilzeitmann

Wie sich das ändern kann, sollten bei der Männerkonferenz (derStandard berichtete) unter anderem Best-Practice-Beispiele aus diversen Ländern zeigen. Marie-Thérèse Letablier von der Universität Paris betonte einmal mehr die Bedeutung der "École Maternelle" für die drei- bis sechsjährigen Kinder, Jürg Wiler aus der Schweiz präsentierte sein Modell des "Teilzeitmannes": Ihm gehe es darum, Teilzeit als etwas auch für Männer Erstrebenswertes darzustellen, "denn jeder, der das macht, ermöglicht seiner Frau höhere Erwerbstätigkeit". In der Schweiz gingen derzeit nur rund 15 bis 16 Prozent der Männer in Teilzeit, es fehle – noch – an Vorbildern.

Dabei biete der "Teilzeitmann" nicht nur Vorteile für Partnerschaft und/oder Familie, sondern auch für die Unternehmen. Teilzeitkräfte seien "um 17 Prozent" weniger krank und "unglaublich effizient". Den vielbeschworenen Fachkräftemangel gibt es seiner Meinung nach nicht: "Fachkräftemangel gibt es nur, wenn Sie den weißen Mann über 30 suchen", sagt er durchaus provokant.

Zielvereinbarungen greifen

Nicht Teilzeit, sondern "individuell verkürzte Arbeitszeit" nennt es Hilde Stockhammer, Frauenreferentin am AMS. Und diese funktioniere, man höre und staune, auch bei Führungskräften. 21 Führungskräfte hätten derzeit am AMS ihre Arbeitszeit verkürzt, davon aber nur drei Männer. Was da zu tun sei? "Eine positive Einstellung gegenüber Männern, die familiäre Aufgaben erfüllen wollen, und gegenüber karriereorientierten Frauen." Die Teilzeitquote bei Männern am AMS sei von 5,4 im Jahr 2008 auf 9,3 im Jahr 2013 gestiegen.

Stockhammers Fazit: "Zielvereinbarungen greifen." Wichtig sei es dabei, "Väter in Karenz sichtbar zu machen", beispielsweise durch Fotowände oder Portäts in der internen und externen Kommunikation. Es gebe auch einen Leitfaden für Vorgesetzte für ein "verbindliches Vereinbarungsgespräch" mit werdenden Eltern.

Die neue österreichische Zielsetzung für das AMS von 2014 bis 2019 sei es, auf einen 20-Prozent-Anteil der Männer in Teilzeitbeschäftigung zu kommen. In der Führungsetage wolle man den Frauenanteil von 3,8 auf zehn Prozent steigern.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde sehr wohl die Frage aufgeworfen, ob "Teilzeit" eine Lösung sei und nicht vielleicht sogar eine Arbeitszeitverkürzung auf in etwa 30 Wochenstunden als Regelarbeitszeit für alle, ganz unabhängig von ihrem Geschlecht. (Tanja Paar, dieStandard.at, 8.10.2014)