Hotelgäste verlangen zunehmend nach Design und Persönlichkeit in ihrer Bleibe - ein Trend, den sich etwa das 25hours Hotel Bikini in Berlin zunutze macht.

Foto: 25hours

Der Süden bleibt schwierig, in Zentral- und Nordeuropa tut sich einiges, grundsätzlich gibt es wieder Wachstumspotenzial - so lässt sich zusammenfassen, wie professionelle Beobachter derzeit den europäischen Hotelmarkt sehen.

Skandinavien und die Niederlande sind für Olaf Steinhage vom Berliner Unternehmen hcb, das Planung, Entwicklung und Realisierung von Hotelimmobilien anbietet, besonders spannende Märkte: Hier passiere "eine Menge, vor allem bei konzeptionell spannenden Hotels", etwa im Boutique- und Designbereich. Die Hotelkette 25hours, die auch in Wien vertreten ist, denke beispielsweise derzeit Standorte in Amsterdam, Stockholm und Kopenhagen an.

Wichtiger Markt Deutschland

Auch der deutschsprachige Markt ist vielversprechend: "Deutschland erlebt im Moment noch einmal einen echten Schub", so Steinhage. Große Hotelketten würden sich mit Franchisenehmern zusammentun und "nicht nur in A-Destinationen, sondern auch in B- und C-Destinationen eine Menge Zimmer auf den Markt bringen". Auch Accor, größter Hotelbetreiber Europas, setzt voll auf diesen Markt: "Nach unserem Heimatmarkt Frankreich ist das unser wichtigster Markt", erklärt Eike Kraft, Accor-Pressesprecher für Zentraleuropa.

Denn hier laufe die wirtschaftliche Entwicklung gut. "Und die Deutschen sind Reiseweltmeister", so Kraft: "Wer Hotelmarken im deutschsprachigen Markt etablieren kann, profitiert weltweit vom daheim aufgebauten Vertrauen." Bis zum Jahresende sei gemeinsam mit Partnern die Eröffnung von 20 Hotels deutschlandweit geplant.

Verdrängungswettbewerb

Auch der Wiener Markt bleibt spannend für Steinhage: "Ich glaube aber, was die Märkte im Moment ausmacht, ist eine gewisse Sättigung bei klassischen Hotelprodukten." Diese führe zu einem Preiswettbewerb. In Wien geht Martin Schaffer vom Beratungsunternehmen MRP Hotels davon aus, dass große Ketten dazukommen werden. Dadurch werde ein weiterer Verdrängungswettbewerb stattfinden - zulasten kleinerer familiengeführter Betriebe, die "seit Jahren keine Investitionen mehr gemacht haben", so der Experte.

"Schwierig" sei der Markt nach wie vor in Spanien und Italien: Letzteres habe einen "großen Fehlbedarf" an international gebrandeten Hotels. Olaf Steinhage sieht das ähnlich - prognostiziert aber, dass die nächsten Jahre für Italien spannend werden: "Da wird eine starke Internationalisierung kommen."

Wenig Wachstum im Osten

Internationaler wird es nach Ansicht der Experten in ganz Europa werden. Für Schaffer ist das einer der Trends der nächsten Jahre. Der bisher stark eigentümergetriebene Hotelmarkt werde immer mehr gebrandeten Projekten weichen. Besonders großes Wachstumspotenzial sieht er dabei im Midscale- und im Budget-Bereich: "Das ganze untere Segment wird wachsen." Auch das Luxussegment werde sich weiterentwickeln - aber nicht mehr so schnell wie bisher.

Einig sind sich die Experten, was Osteuropa betrifft. Auch hier bleibt die Situation schwierig - mit Ausnahme von Polen, so Schaffer: "Es gibt mittlerweile viele internationale Investoren, die in diese Richtung schauen." Ansonsten stagniere der Markt nach wie vor: "Die große Schockstarre ist aber vorbei." Erste Anfragen habe sein Unternehmen bereits wieder für Projekte in Ungarn, Kroatien und Albanien gehabt. Die Heimmärkte in den betroffenen Ländern seien aber noch relativ schwach, zudem würden Banken nur ungern Hotelprojekte in diesen Ländern finanzieren.

Für Schaffer sind auch Märkte an den europäischen Randlagen spannend. Istanbul werde in den nächsten Jahren zum Beispiel ein "ganz großes Thema. Das hat zwar momentan eine ziemliche Delle aufgrund der politischen Unruhen, aber es ist ein Markt, der wachsen wird", sagt er. Mit einer recht ähnlichen "Delle" hat auch Moskau zu kämpfen. "Aber in den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich der Markt verdoppeln", prophezeit der Experte.

Gesellschaftlicher Wandel

Eine der Herausforderungen in der Hotellerie wird wohl der gesellschaftliche Wandel sein. "In Zukunft wird vor allem das Thema Glaubwürdigkeit eine wachsende Rolle in der Hotellerie spielen", sagt Eike Kraft. Das fange bei der Web-Präsenz an und setze sich beim Aufenthalt fort. Die Wünsche der Gäste hätten sich fundamental geändert: Wo früher pragmatische Lösungen akzeptiert wurden, gebe es nun einen Wunsch nach Design, professionellem Service und Persönlichkeit - ohne Kompromisse bei der Qualität. "Hinzu kommt, dass die meisten Menschen individuelle und lokale Vielfalt bevorzugen." (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 3.10.2014)