Foto: Fidler

Diesmal räsoniert Tassilo Wallentin auf drei Seiten in der "Krone bunt", statt zu kolumnieren. Und zwar mit Gerhard Zeiler im Do & Co im Wiener Haas-Haus über "Menschen, Macht & Medien". Der Rechtsanwalt und Sonntagsautor wie der Turner-Spitzenmanager und frühere Chef von ORF und RTL-Gruppe liefern mit Blick auf den Stephansdom einige - gerade in der "Krone", gerade von ihrem Kolumnisten - durchaus denkwürdige Worte zum Sonntag.

Grüße ans Kanzleramt

Just über die "Krone" und just am reichweitenstärksten Wochentag schickt Zeiler eine Grußbotschaft in die Kanzlerämter dieser Welt, vielleicht besonders an jenes in kurzer Gehdistanz zum Haas-Haus: "Manchmal haben wir in den westlichen Demokratien das Problem, dass, weil Regierungen unbedingt wiedergewählt werden wollen, sie sich nach den Medien richten. Sie sollten aber nur das tun, was richtig ist", beschreibt Zeiler "das Problem".

Der Sozialdemokrat war vor seiner Medienkarriere Sekretär der Bundeskanzler Fred Sinowatz und Franz Vranitzky. Er erwog 2010 ernsthaft, wieder für den Job des ORF-Generals zu kandidieren - die SPÖ-Führung wollte das nicht. Zeiler verabschiedete sich von der Idee, er wollte die Sozialdemokratie in der Frage nicht spalten, hieß es.

"Zu große Abhängigkeit von der Politik"

Wallentin sieht das Problem nicht so in Politikern, die sich nach Medien richten: "Speziell in Österreich sehe ich das Hauptproblem darin, dass die Abhängigkeit vieler Medien von der Politik zu groß ist. Es kommt oft nur noch zu einer unvollständigen, einseitigen oder gefälligen Berichterstattung."

Wallentin schützte "Heute"-Titel

Nun könnte man sich fragen, wie man es sich vorzustellen hat, dass es zu Berichterstattung kommt - und nicht Medien einfach berichten. Aber denkwürdiger ist an diesem Satz ein anderer, gesicherter Umstand: Wallentin vertrat einst Christoph Dichand, aber auch dessen Vater Hans Dichand - etwa gegen die Funke-Gruppe (damals WAZ), weil seine "Krone"- und Mediaprint-Mitgesellschafter 2004 für die Einstellung des "Heute"-Vorläufers "U-Express" gestimmt hatten. Und Wallentin sicherte 2004 vor dem Start die Rechte am Zeitungstitel "Heute".

Die Gratiszeitung "Heute" und ihr Verlag wurden 2004 von Wolfgang Jansky, gerade Expressesprecher des damaligen Wohnbaustadtrats Werner Faymann, gegründet und nach Daten des Zeitungsverbandes und von dossier.at wesentlich mit Werbegeldern öffentlicher Stellen finanziert. Herausgeberin Eva Dichand verneint überdurchschnittliche Anteile öffentlicher Werbegelder.

Zurück zur Abhängigkeit der Politik

Zeiler lässt sich von Wallentins "Hauptproblem" nicht beirren, er kehrt umgehend wieder zu seiner Botschaft zurück: "Das wichtigste Erfolgskriterium für Politiker ist nicht, ob sie jetzt einigen Journalisten oder Medieninhabern gefallen." Und noch einmal: Politiker sollten doch "tun, was notwendig ist" - und "ehrlich" sein. Er konstatiert "Drang, auf dem Sessel zu kleben".

"Informieren statt kampagnisieren"

Ein Stück weiter sagt Zeiler, was so eher selten in der "Krone" erscheint, die der lange für ihre Kampagnen berühmt war, deren Kampagnen aber nach Hans Dichands Tod 2010 weit weniger Momentum entwickeln. Zeiler rät Zeitungen und Sendern zur Vielfalt und unterschiedliche Standpunkte zu veröffentlichen - und: "Informieren statt kampagnisieren. Kampagnenjournalismus gefährdet immer die Glaubwürdigkeit des Mediums."

Überspitzen ohne Albernheit

Was sagt Wallentin da? "Allerdings braucht es im Journalismus auch die Lebendigkeit der Darstellung und Vermittlung. Man kann durchaus überspitzen und auf den Punkt bringen, ohne seicht oder albern zu sein."

Das liest sich ein bisschen, als würde Wallentin seine Ambition als Kolumnist der "Krone bunt" beschreiben. Um die Kolumnen geht es ja auch hier; die Gesprächsform statt einer Kolumne erklärt die Einleitung des Textes so: "Nun erscheint das Buch zu seinen 'Offen gesagt'-Kolumnen" - ein Kupon zur Bestellung beendet den Dreiseiter. - Aus diesem Anlass habe er Zeiler zum Gespräch getroffen. (Harald Fidler, derStandard.at, 5.10.2014)