Bild nicht mehr verfügbar.

Die Abschlussfeier abseits von Bomben und Bedrohung: Palästinensische Absolventinnen tragen Fotos von Studienkollegen, die während der aktuellen Gaza-Offensive gestorben sind.

REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Wien /Tel Aviv / Lemberg - Wenn Bomben fallen, werden auch Bildungschancen zerstört. Aber ob im Gazastreifen oder in der Ukraine, in Syrien oder Somalien - der Unibetrieb wird oft so lange wie möglich weitergeführt, Hochschulen dienen in Krisenzeiten auch als Rückzugsort, an dem man sich organisiert und austauscht.

"Es ist gewissermaßen der letzte Strohhalm an Normalität, an den man sich klammert", erzählt Ana Levi, die auch während des aktuellen Gaza-Konflikts Vorlesungen in Politikwissenschaft an der Uni in Tel Aviv besucht. Studierende würden in Krisenzeiten näher zusammenrücken, erzählt die 25-Jährige. Angst habe sie keine.

Bei der Initiative "Israel Under Fire" kämpfen laut Jerusalem Post etwa 400 Studierende für das Image Israels - mit Worten, Bildern und Videos statt mit Waffen. Auf Twitter und Facebook sorgen sie in 19 Sprachen dafür, dass die israelische Perspektive des Konflikts online dominiert - sie bekämpfen Stimmungsmache mit Stimmungsmache.

Auch auf der anderen Seite des Konflikts, im Gazastreifen, hatten Schulen und Universitäten so lange geöffnet wie möglich - während draußen Bomben fielen, wurden Abschlussfeiern abgehalten.

In anderen Ländern ist das Aufrechterhalten einer Normalität längst nicht mehr möglich. Mehrere Universitäten in Syrien wurden durch Angriffe völlig zerstört, der jahrelange Bürgerkrieg, der eine nie dagewesene Flucht der Bevölkerung auslöste, raubt jungen Syrern ihre Zukunftschancen.

Statt im Hörsaal sitzen viele von ihnen nun in Flüchtlingslagern. 200 deutsche Professoren fordern deswegen ein spezielles Stipendienprogramm, damit Betroffene ihr Studium in Deutschland fortsetzen können.

Mehr Stipendien für Ukraine

In Österreich gibt es bislang keine solche Initiative. Die politische Lage in der Ukraine veranlasste den Österreichischen Auslandsdienst (ÖAD) aber dazu, das Stipendienprogramm mit Kiew auszuweiten. Es handle sich vor allem um ein Signal an die "europäisch orientierte Jugend", sagt Andreas Wenninger, der das ÖAD-Kooperationsbüro in Lemberg, im Westen des Landes gelegen, leitet. Nach einem Monat geht es für die Stipendiaten wieder zurück in die Ukraine.

Während es auf dem Maidan - Schauplatz wochenlanger Proteste in Kiew, an denen auch viele Studierende beteiligt waren - wieder ruhiger geworden ist, sei der Unibetrieb im Osten des Landes nicht mehr möglich: "Derzeit kommen immer mehr Flüchtlinge in Lemberg an - viele wollen hier weiterstudieren." Verlassen würden einige Studierende auch die Halbinsel Krim - "Abschlüsse kann man dort nur noch auf Russisch machen", sagt Wenninger. Offiziell lese man das nirgends.

In Österreich weiterstudieren

Kann auch der letzte Strohhalm an Normalität nicht aufrechterhalten werden, bleibt nur die Flucht. Während in Österreich aktuell Quartiere für die vielen neu angekommenen Flüchtlinge gesucht werden, ist noch nicht klar, wie viele von ihnen Studierende sind.

"Ein großes Problem ist die Sprache, da kein kostenloser Deutschkurs angeboten wird", beschreibt Katharina Glawischnig von der Asylkoordination die Situation, wenn Flüchtlinge in Österreich weiterstudieren wollen. Die Betroffenen seien außerdem durch das monatliche Taschengeld von 40 Euro extrem eingeschränkt - ihre Quartiere befinden sich selten in der Nähe einer Uni.

Fuad Ali hat es trotzdem geschafft. Der 31-jährige Somalier kam vor zehn Jahren nach Wien - seit fünf Jahren studiert er an der TU Informatik. "Deutsch war die größte Herausforderung", sagt Ali. In seiner Heimat wäre ein Studium unmöglich gewesen, zu sehr wütete der Bürgerkrieg über das Land - "weg wollte ich trotzdem nicht", sagt Ali. Er sei froh, dass es mit dem Studium hier geklappt habe. Andere Flüchtlinge, die studieren, kenne er nicht - "aber ich würde gerne helfen, damit auch andere an die Uni können".

Die Abschlussfeier abseits von Bomben und Bedrohung: Palästinensische Absolventinnen tragen Fotos von Studienkollegen, die während der aktuellen Gaza-Offensive gestorben sind. (Lara Hagen, DER STANDARD, 2.10.2014)