Paris – Am Pariser Autosalon, historisch gesehen Ahnherr dieser Art von geballter Branchenselbstdarstellung, wird ersichtlich, wie sehr sich die Welt innerhalb nur einer Dekade gewandelt hat. Noch vor kurzem war die biennal veranstaltete "Mondial de l’Automobile" die wichtigste Herbstmesse, jeder musste dort präsent sein, entsprechend die Flut an neuen Fahrzeugen und appetitanregenden Showcars.

Der alte Glanz glitzert immer noch nach, inzwischen muss sich Paris aber im Herbstumfeld mit Moskau (August) und Los Angeles (November) um die Weltpremieren matchen.

Dezente Machtdemonstration

Insgesamt geht es der Autobranche blendend, die Branche setzt heuer laut Prognosen global über 72 Millionen Neuwagen ab (2013: 69,2 Mio., 2012: 66), davon entfallen auf China 17,6, die USA 16,5, die EU 11,8 (davon auf Deutschland als größter Markt 3,05), gefolgt von Japan (4,4), Brasilien (3,65), Russland (2,80 – sofern die Prognose hält) und Indien (2,58).

Paris wirft aber auch ein Licht auf die Verfasstheit der französischen Automobilkonfektionäre. Hatten die bisher die Heimmesse stets als Bühne für machtvoll-protzige Leistungsdemonstrationen genutzt (ähnlich wie die Deutschen die IAA), so scheint jetzt ein wenig die Luft raus. Als einzige echte Produktneuheit lanciert Renault den Espace, von PSA (Peugeot, Citroën) sind ausschließlich (Technologie-)Studien zu sehen, neue Autos? Fehlanzeige.

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Das spiegelt sich auch im globalen Automobil-Innovationsindex wider, wo Deutschland zuletzt (2013) seinen Vorsprung auf 41 Prozent (2008: 28 Prozent) ausbauen konnte, gefolgt von Japan (22 Prozent, wie 2008), USA (15; 2008: 27) und Korea (4; 2008: 6) – Frankreich steht für einen Gutteil der elf Prozent vom Rest der EU-Länder (2008: 15).

foto: ap/euler

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Entsprechend der Salonauftritt der einzelnen Autonationen, wobei es sich für die verkehrsgeplagte Seinemetropole gut trifft, dass dank modellzyklischen Zufalls den Kleinwagen – darunter versteht man heute Fahrzeuge bis zu einer Größenordnung um die vier Meter Länge – ein gewisser Schwerpunkt zukommt.

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Aus der Golf-Klasse ist ein einziger Neuzugang zu vermelden, der Nissan Pulsar, in der Mittelklasse heischen VW Passat, Ford Mondeo und, als Premium-Repräsentant, Jaguar XE Interesse. Und in der emotionsintensiven Zone der Cabrios, Roadster, Coupés und (Super-)Sportwagen stehen besonders BMW 2er Cabrio, Mazda MX-5, Audi TT Roadster, Mercedes AMG GT sowie Ferrari 458 Speciale A im Rampenlicht.

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Der größte Brocken entfällt aber erneut auf jenes Boom-Segment, das sich inzwischen auffranst in SUVs, Crossover und Typen, die nur auf SUV machen. Fiat 500X, Suzuki Vitara, Land Rover Discovery Sport, Lexus NX, Kia Sorento, Volvo XC90, BMW X6 sind hier zu nennen,auch VW Golf Alltrack, Seat Leon X-Perience, Dacia Lodgy und Dokker Stepway, und selbst Renaults Minivan Espace nähert sich der SUV-Optik an. Und damit zu unserem Konzern-Telegramm aus Paris:

Foto: ap/euler

BMW Wenn BMW sich dieser Tage eine Verschnaufpause gönnt, sieht das so aus, dass man "nur" zwei, drei richtige Neuigkeiten lanciert. In Paris wären das: 2er Cabrio, X6 (Bild), Concept X5 eDrive und Mini 5-Türer. Das 2er Cabrio basiert auf dem Coupé, ist also ein "echter" BMW weil Hinterradler, setzt auf klassisches Textilverdeck und g’schmackige Motorisierungen (184–326 PS).

Foto: bmw

Ab 28. Februar. Schon am 6. Dezember legt der neue X6 los, polarisierend wie eh und je und laut BMW von "extrovertierter Athletik". Wächst auf 4,91 m, verbraucht aber bis zu 22 Prozent weniger als bisher. Mit dem Concept X5 eDrive verweist BMW auf einen kommenden Plug-in-Hybriden,

Foto: bmw

Und über den Mini 5-Türer (ab sofort, 18.870 bis 29.079 €) haben wir bereits eingehend berichtet.

Foto: mini

DAIMLER Mercedes AMG GT und Smart For two/Forfour sind die wesentlichsten Akteure bei der deutschen Nobelmarke. Hinter dem AMG GT wurde ein ambulanter Kieferorthopädiestand aufgebaut, die Leute stehen mit offenem Mund vor diesem grandiosen Gerät, irgendwer muss all die Kiefer ja wieder einrenken.

Foto: daimler

Spaß beiseite: Preislich, motorisch und ein wenig auch stilistisch ist der GT auf den Porsche 911 zugeschnitten. Der neue 4,0-Liter-V8-Biturbo leistet als GT 462 PS, als GTS 510, los geht’s Anfang 2015.

Foto: daimler

Am anderen Ende der automobilen Möglichkeiten steht der neue Smart, diesmal kein Eigengewächs mehr, sondern eine Gemeinschaftsentwicklung mit Renault (Twingo). Kostet als 2,69 m langer Fortwo ab 10.790 €.

Foto: smart

Als 3,49 m langer Forfour geht`s ab 11.490 € los. Es bleibt beim Heckantrieb, avisiert sind drei 3-Zylinder (von Renault) mit 60, 71 und 90 PS. Ab 22. November.

Foto: smart

FIAT 1231 wurden von Kaiser Friedrich II. die berühmten Konstitutionen von Melfi verkündet, ein für damals einzigartiges Gesetzeswerk und Frühform einer Verfassung. 2014 konstituiert Fiat in Melfi die Produktion des Jeep Renegade, für die Jeep-Historie einzigartig – und leitet davon den Star des Pariser Auftrittes ab, den Fiat 500 X. Jetzt hat also auch Fiat wieder einen kleinen SUV, einen im Cinquecento-Look, und wie den Renegade gibt es ihn als 2WD und mit Allrad. Außerdem ist eine höhergestellte richtige Geländeversion vorgesehen, die auf den Namen 500X Cross hört. Ab Jänner.

Foto: fiat

FORD hat den neuen Mondeo schon so viel auf Salons herumgereicht, ...

Foto: ford

... dass man sich eher auf die zweite Generation des S-Max konzentriert. Der sportive Grundcharakter dieses Vans (so soll etwa ein adaptives Lenksystem noch mehr Lenkpräzision bieten) bleibt ebenso erhalten wie die 5- bis 7-sitzige Konfiguration. Ab Mitte 2015.

Foto: ford

GM Weltpremiere für den Opel Corsa. Die fünfte Generation des beliebten Kleinwagens lehnt sich deutlich an das Adam-Design an, speziell an der Front.

Foto: opel

Neues Fahrwerk und optimierte Lenkung sollen den Fahrspaß fördern, sparsame Aggregate das gute Umweltgewissen, und dank IntelliLink-Infotainment sieht Opel den Corsa auch vernetzungstechnisch auf der Höhe der Zeit. Ab Jänner.

HONDA Im Osten nichts Neues – aber bald: Jener Jazz, der in Paris noch als Prototyp gezeigt wird, kommt Mitte 2015 praktisch unverändert nach Europa.

Foto: honda

Außer dem superpraktischen Kleinwagen rückt auch der Start des kompakten SUVs HR-V – hier ebenfalls noch als Prototyp geführt – näher, es wird wohl Ende 2015 werden.

HYUNDAI Kia bringt einen komplett neuen Sorento, der hat um elf Zentimeter auf 4,78 m zugelegt, was außer der 5-sitzigen auch eine Konfiguration für sieben Insassen ermöglicht. Österreich-Start ist im Jänner, für Vortrieb sorgt ein 2,2-Liter-Diesel mit 200 PS.

Foto: kia

Diesel ist auch ein Thema bei der Studie Optima T-Hybrid, nämlich Diesel-Mildhybird

Foto: kia

Bei Hyundai steht der neue i20 im Mittelpunkt. Der auf 4,04 m Länge gewachsene schmucke Kleine wurde in Deutschland entwickelt und designt, gebaut wird er in der Türkei, er gibt sich aber in jeder Hinsicht als Europäer.

Foto: hyundai

Die Kunden werden die neuen Platzverhältnisse und einen 326-l-Kofferraum schätzen. Drei Benziner und zwei Diesel stehen zur Auswahl, Leistungsspektrum: 75 bis 100 PS. Ab Jänner – und im Frühjahr folgt die 3-türige Coupéversion.

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MAZDA trumpft mit der Neuauflage des meistverkauften Road sters aller Zeiten groß auf: Das rühmliche Frischluft-Spaßgerät MX-5 wurde deutlich angeschärft, stilistisch wie inhaltlich.

Foto: mazda

Weil der Wagen innen zwar gleiche Platzverhältnisse bietet wie bisher, außen aber um zehn Zentimeter (auf 3,92 m) schrumpft, 100 kg leichter wird und zudem mit einer Achslastverteilung von 50:50 perfekte Balance verspricht, bedauert man nur eines – dass er erst ab Sommer erhältlich sein wird.

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PSA Bei Peugeot und Citroën tröstet Showcar-Aktivismus über die fehlenden Modellneuheiten hinweg. Citroën etwa zeigt mit dem Concept C1 Urban Ride, wie der Stadtfloh im SUV-Kleid aussehen könnte, ...

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... und der C4 Cactus Airflow 2L unterstreicht den Willen zum Zweiliterauto.

Ein Ansatz, den er mit dem Peugeot 208 Hybrid Air 2L teilt.

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Stilistisch fetziger wirkt natürlich der Quartz, eine Studie, die zeigt, dass die Franzosen am Thema Crossover weitertüfteln. Ein futuristisch gestyltes 4,5-Meter-Gerät mit 500 Benzin-Hybrid-PS.

Foto: peugeot

Die coupéartige Hybrid-Limousine Exalt schließlich war bereits in Peking zu sehen, Peugeot hat die 340-PS-Studie für Paris extra noch einmal überarbeitet.

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Und da vor DS jetzt nicht mehr Citroën steht, sondern als Konzern-Se mi-Premiummarke fungiert, sei separat von einer extravaganten Studie berichtet, als "Essenz der Marke DS" apostrophiert:

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Divine DS, ein Konzeptfahrzeug, das etliche sofort in Serie sehen möchten und das im Interieur ganz auf Haute Couture setzt. (Andreas Stockinger aus Paris, DER STANDARD, 2.10.2014)

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Pariser Salon, Teil zwei: Von Audi TT Sportback bis Lamborghini Asterion

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Mondial de L'Automobile 2014

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