Der inszenierte Auftritt: Das rot-schwarze Regierungsteam demonstrierte bei der Klausur in Schladming neue politische Harmonie.

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Schladming/Wien - "Politische Inszenierungen dieser Art wie die Regierungsklausur in Schladming vom Wochenende, samt Bergpanorama und Hüttengaudi, sind eigentlich nicht mehr zeitgemäß und haben nicht mehr diese Wirkungskraft wie früher", sagt der Politologe Peter Filzmaier. Ex-US-Präsident Bill Clinton habe damit in den 2000er-Jahren noch gepunktet, aber in der heutigen komplexen Medienwelt mit den neuen Social-Media-Kanälen komme das irgendwie "altbacken daher".

Filzmaiers Beurteilung der medialen Inszenierung in der obersteirischen Bergwelt mag in weiten Strecken auch für die Klausurinhalte gelten. Schon länger fixierte Maßnahmen wurden neu formatiert und präsentiert. Beispiel: die tägliche Turnstunde. Sie war ursprünglich größer dimensioniert, dürfte dann aber dem Sparkurs zum Opfer gefallen sein und tauchte jetzt als abgespeckte Variante auf. 100 Millionen sollten investiert werden, jetzt sind es zehn Millionen, und die Aktion wird auf die Ganztagsschulen beschränkt.

Grundsätzlich soll die Bildungspolitik entideologisiert und weg von der Debatte "Gesamtschule: ja oder nein" geführt werden. Der pädagogische Fokus wird jetzt auf die Frühförderung gelegt. Der Hebel wird im Zeitfenster zwischen dem letzten Kindergartenjahr und den ersten beiden Volksschuljahren angesetzt. "Ab nun ist sichergestellt, dass die Kinder entsprechende Deutschkenntnisse vor Schuleintritt haben werden. Die Übergangsphase vom Kindergarten in die Volksschule wird in Zukunft wesentlich verbessert", sagte Staatssekretär Harald Mahrer. Zudem soll den Schulen mehr Freiheit etwa bei der Gestaltung der Stunden gegeben werden. Die Unterrichtsstunde soll künftig nicht mehr mit 50 Minuten fixiert bleiben, sondern kann flexibel verändert werden.

Steuerreform ohne Details

Vom groß angekündigten Zentralthema Steuerreform blieb letztlich nur die Einigung auf die Summe: Fünf Milliarden Euro soll sie an steuerlicher Entlastung bringen. Mitte März 2015 gibt's erste Details. Die wirklich entscheidende Frage, wie diese Steuerreform gegenfinanziert werden soll, wurde abermals verschoben. Weder die Einsparungen über eine Verwaltungsreform noch die Fragen der von der SPÖ geforderten Millionärs- und Erbschaftssteuer wurden erläutert.

Peter Filzmaier sieht in dieser unklaren Kommunikation im Zusammenhang mit der Steuerreform nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial. Es würden mit der Nennung von fünf Milliarden Euro Erwartungen geschürt, die nicht erfüllt werden könnten. Es werde suggeriert, "dass ein paar Hunderter mehr ins Börsel kommen". Die Bevölkerung hat aber noch die großen Ankündigungen einer Reform des Familiengeldes im Ohr, übriggeblieben seien "20 bis 30 Euro". Die Gefahr, dass auch der Steuerreform letzten Endes die große Enttäuschung folge, sei groß, sagt Filzmaier.

Auf Kritik der Opposition stieß vor allem die Ankündigung von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), dass die Steuerentlastung frühestens 2016 in Kraft treten könne. FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs sprach von einer "glatten Verhöhnung der Steuerzahler" und forderte eine Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent mit 1. 1. 2015. Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur hielt der Regierung vor, die Steuersenkung in eine Steuerungsgruppe verschoben zu haben. Grünen-Vizeklubobmann Werner Kogler fehlte jeglicher ökologische Ansatz in der Steuerreform. Das Volumen von fünf Milliarden Euro scheine ihm zwar plausibel, das Inkrafttreten der Steuerreform mit 2016 hingegen ebenfalls "unverständlich".

"Inhaltlich Plafond erreicht"

"Diese Regierungsklausur war für mich letztlich eine nette Pflichtübung, solide, aber nicht mehr", resümiert Politikberater Thomas Hofer. Es sei zwar gelungen, das Bild zu vermitteln: Schaut her, wir haben uns lieb, sind sogar per Du und machen einen gemeinsamen lustigen Hüttenabend. Aber da muss man schon einschränkend anfügen: So weit waren wir auch schon am Anfang der Ära Faymann/Spindelegger. Auch damals wurde ein völlig neuer Stil verkündet, und alle verstanden sich bestens. Ich habe den Eindruck, die rot-schwarze Koalition hat inhaltlich den Plafond erreicht. Man hat in Schladming versucht, die Latte einfach niedriger zu legen." (Walter Müller, DER STANDARD, 29.9.2014)