Wien - Was Marcel Duchamps Klo-Ready-Made, der Vertrag von Nanjing und der Auftritt des Mathematikers Kurt Gödel bei der Königsberger Tagung gemeinsam haben? Sie sind laut der neuen Publikation des Industriellen und Ex-Finanzministers Hannes Androsch Ereignisse, die die Weltgeschichte nachhaltig veränderten. Mit dem Buch will er gegen die "Geschichtsvergessenheit" der Gegenwart ankämpfen.

Unter dem Titel "14 Ereignisse, die die Welt verändert haben. 1814-1914-2014" versammelt Androsch zusammen mit seinen Co-Herausgebern Bernhard Ecker und Manfred Matzka Beiträge zu einem "Bogen der Weltgeschichte" abseits der klassischen Daten von Kaiser bis Krieg. Der Band wird am Dienstag in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien präsentiert.

"Je weiter man in die Vergangenheit blickt, desto besser kennt man die Zukunft"

"Im heurigen Erinnerungsjahr war zu erwarten, dass alle möglichen Daten eine riesengroße, fast inflationäre Rolle spielen werden. Aber immer nur ereignisbezogen, nie wird der Versuch gemacht, den großen Bogen zu spannen", so Androsch. Dabei sei gerade in Zeiten wie heute, die durch bedrohliche Konflikte und Krisen von Ukraine bis Nahost geprägt seien, der Blick in der Vergangenheit umso wichtiger. "Wir orientieren uns dabei an dem Verständnis von Churchill: Je weiter man in die Vergangenheit blickt, desto besser kennt man die Zukunft", erklärte der Autor.

Bewusst habe man sich dabei aber nicht an den "üblichen politischen und militärischen Ereignissen" der Geschichte orientiert, sondern in Beiträgen von u.a. dem Politologen Anton Pelinka, Historiker Manfried Rauchensteiner oder STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid versucht, die "Grundlage der kulturellen und gesellschaftlichen Art, die die Zeit bestimmt haben", herauszuarbeiten. Neben Politik hat deshalb auch Kunst und Wissenschaft viel Platz, Fokus wird auch auf Entwicklungen und Wechselwirkungen im Laufe der Zeit gelegt. Es gehe um die "Wirkungsmacht der Geschichte", wie Androsch erläuterte.

Einmal mehr: Der Wiener Kongress

Den Anfang der 14 Knoten - "nach Möglichkeit mit Österreichbezug" - macht die Eröffnung des Wiener Kongresses. Dann spannt sich die Entwicklung u.a. über die Eröffnung der Nationalversammlung in Frankfurt, die den Aufstieg der Nationalstaaten einläutete, Joseph Schumpeters Vortrag, der eng mit Chancen und Problemen des Kapitalismus verknüpft ist, bis hin zu Szenarien der Future Technologies und dem Fußball-Sieg der Cyborgs über den Menschen.

Dabei stelle man keinesfalls den Anspruch auf "Gelehrtentiefe", sondern versuche in essayistischer Art, Verständnis, Orientierung und Perspektive zu bieten, erklärte Androsch. "Das ist die Grundidee in einer Zeit, wo man doch stark den Eindruck hat, eine Geschichtsvergessenheit oder Geschichtslosigkeit zu erleben, die dann in fehlender Zukunftsorientierung und fehlendem Horizont resultiert." (APA, derStandard.at, 27. 9. 2014)