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Der Chef der AAK, Ramush Haradinaj, ein Ex-Kommandant der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK, fühlt sich zum Premier berufen.

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Prishtina/Sarajevo - In Brezovica im Südkosovo wird wohl der Pulverschnee kommen, bevor das Wintersportresort privatisiert werden kann. Die Aufsichtsräte von 16 staatlichen Agenturen warten seit Monaten auf ihre Ernennung. Die Investitionen gehen zurück. Im Kosovo steht alles still. Nur die Abgeordneten kassieren ihre Diäten. Die politische Blockade bleibt auch knapp vier Monate nach den Wahlen bestehen.

Denn die stärkste Partei PDK von Hashim Thaçi hat im Parlament nicht genügend Stimmen, um eine Regierung zu bilden. Die anderen Parteien haben sich nach der Wahl zusammengetan, um eine PDK-Regierung zu verhindern. Vergangene Woche ist es der PDK deshalb nicht gelungen, genügend Stimmen für die Wahl ihres Kandidaten Arsim Bajrami zum Sprecher des Parlaments zu bekommen. Die Situation scheint verflixt. Das Verfassungsgericht hat nämlich bestimmt, dass nur die stimmenstärkste Partei das Recht hat, einen Kandidaten für den Job zu nominieren.

Doch auch das Verfassungsgericht ist sich nicht einig. Einer der drei internationalen Richter im neunköpfigen Gremium, der Amerikaner Robert Carolan ist zurückgetreten, weil er die Entscheidung für falsch hält. Manche kritisieren, dass die lokalen Richter unter Druck der PDK stehen würden. Die Besetzung des Parlamentssprechers wäre ein Schritt zur Bildung einer Regierung. Doch diese scheint in weiter Ferne zu liegen.

Möchtegernpremier

Und Neuwahlen werden immer wahrscheinlicher. "Weil sich die PDK bewusst ist, dass sie in die Opposition gehen könnte, nutzt sie jetzt die Blockade, um noch ihre politischen Leute in der Verwaltung unterzubringen, Ausschreibungen an Unternehmen zu geben, die die Partei finanzieren und die finanziellen Verpflichtungen dafür der neuen Regierung zu überlassen", erzählt Alber Krasniqi vom Thinktank Kipred.

Der Hintergrund der politischen Krise ist unter anderem im Anspruch der AAK von Ramush Haradinaj zu finden, den Posten des Premiers zu bekommen. Haradinaj war in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt, wurde allerdings 2012 aus Mangel an Beweisen zum zweiten Mal freigesprochen und wollte nach seiner Rückkehr Regierungschef werden. Doch Thaçi wies dies damals zurück. Die größte Oppositionspartei, die LDK, hat jedoch nun mit Haradinaj eine Vereinbarung getroffen: Demnach soll die LDK den Posten des Parlamentssprechers besetzen und die AAK mit Haradinaj den Premier stellen, obwohl die Partei bei den vergangenen Parlamentswahlen nur elf Prozent der Stimmen bekam.

Auswirkungen auf die Stabilität

Falls der Oppositionsblock bei Neuwahlen gemeinsam auftreten würde, könnte er zudem Stimmen verlieren, weil weniger Kandidaten antreten würden. Die PDK dürfte wieder gewinnen. Die derzeitige Krise hat auch Auswirkungen auf die Stabilität im Land. Die Umsetzung des Aprilabkommens mit Serbien stagniert. Eines der gefährlichsten Vorhaben ist, dass der Oppositionsblock die Umsetzung des April-Abkommens mit Serbien der nationalistisch-albanischen Partei Vetvendosje übergeben will. Vetvedendosje hat sich in den vergangenen Jahren immer gegen Verhandlungen mit Serbien ausgesprochen. Vetvedendosje fordert nun eine Überprüfung aller Vereinbarungen mit Serbien. Das Abkommen, das zur Bildung einer Assoziation serbischen Gemeinden im Norden führen soll, ist damit gefährdet. Das ist auch für die EU, die den Deal vermittelt hat, ein Rückschlag.

In Südosteuropa ist eine Blockade-Politik in den Parlamenten üblich. In Mazedonien blockiert die Opposition seit Jahren wiederholt die Parlamentsarbeit, nun ist das auch in Albanien der Fall. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 26.9.2014)