Wien - Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat für etwa 700 Anleger in Summe eine Entschädigung von zehn Millionen Euro herausverhandelt. Das Geld kommt von Banken, die Schiffs-, Immobilien- und Lebensversicherungsfonds vertrieben haben, von denen laut VKI heute viele wertlos sind. Im Auftrag des Sozialministeriums betreuten die Konsumentenschützer etwa 1.000 Anleger, die sich falsch beraten fühlten. Weitere Verfahren seien eingeleitet, hieß es in einer Aussendung am Donnerstag.

Die Betroffenen sollen zwischen 30 und 50 Prozent des veranlagten Kapitals ersetzt bekommen haben. Mit dem Großteil der Banken habe man sich geeinigt, nicht aber mit der Hypobank Steiermark. Beim Handelsgericht will der VKI nun eine Sammelklage für rund 30 Anleger einbringen, der Streitwert betrage drei Millionen Euro.

Zudem hat der VKI eine Strafanzeige gegen die Münchmeyer Peterson Capital AG (MPC Capital) wegen vermeintlicher Millionenschäden durch geheime Zwischenverkäufen bei holländischen Büroimmobilien bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. Anleger, die sich geschädigt fühlen, können sich dem möglichen Strafverfahren anschließen, so VKI-Jurist Peter Kolba.

Überprüfung der Prospekte

Darüberhinaus will der VKI in Musterprozessen in Zusammenarbeit mit dem deutschen Prozessfinanzierers Foris AG feststellen, ob die MPC-Firmen für mangelhafte Prospekte, Schulungsunterlagen und Anweisungen an die österreichische Vertriebstochter haften. "Es gilt die Rückforderung von Ausschüttungen abzuwehren und aktiv Schadenersatzansprüche geltend zu machen", erläuterte Kolba die Strategie der Konsumentenschützer.

MPC hatte in einer Aussendung am Mittwoch zudem erklärt, "dass die Anleger bei einem Teil der insgesamt rund 30 noch laufenden Hollandfonds Verluste befürchten müssen". Es konnten "einige der Fremdkapitalgeber dazu gebracht werden, zumindest teilweise Haftungsfreistellungen für die Anleger zu gewähren".

Zwischenverkäufe und Zwischenhändler

Die Konsumentenschützer und der Rechtsanwalt Sebastian Schumacher hatten sich in den vergangenen Monaten die Immobilien der MPC in den Niederlanden genauer unter die Lupe genommen: Bei allen umstrittenen MPC Immobilien-Fonds in Holland gab es laut VKI im Zuge des Ankaufes "Zwischenverkäufe" an einen "Zwischenhändler". Der Verkauf und Ankauf sei beim gleichen Notar abgewickelt worden und immer die gleiche Gesellschaft als "Zwischenhändler" aufgetreten. Beispielsweise stieg der Wert einer Immobilie in Rotterdam innerhalb von zwei Minuten durch den Kauf via der Zwischengesellschaft Hanzevast von 30 auf 31,35 Millionen Euro - zu Lasten der MPC-Investoren.

Hanzevast sei ein holländischer Immobilienmakler und nie Teil von MPC gewesen, sagt hingegen der Chef der MPC-Tochter in Österreich, Kurt Cowling. MPC Capital will die Vorwürfe der Konsumentenschützer "tiefgehend analysieren" und bis spätestens Freitag auf die einzelnen Kritikpunkte reagieren.

Zu den Vorwürfen rund um den MPC-Fonds Holland 53 hat das Emissionshaus bereits davor Stellung genommen: "Den Anlegern des Holland-Fonds 53 ist kein Schaden entstanden. Die Kaufpreise waren in den KMG-Prospekten transparent genannt. Grundlage für den Ankauf der drei Bestandsimmobilien in Rotterdam, Delft und Utrecht durch die Fondsgesellschaft im Jahr 2004 waren unabhängige Wertgutachten", heißt es in der heutigen Aussendung. Die Immobilien des Fonds "Holland 53" seien von externen Dritten erworben. "In die Vorgänge im Einflussbereich des Voreigentümers war die Geschäftsführung des Fonds Holland 53 nicht involviert", so die Fondsgesellschaft. Die "spezielle Marktsituation" in den Niederlanden infolge der Wirtschaftskrise habe zu "einer Schieflage einiger aktueller Fonds geführt".

VKI spricht von Millionen-Schaden

Laut VKI habe sich der Schaden für österreichische Anleger durch die Immobilien-Zwischenverkäufe auf 36 Millionen Euro belaufen. Es seien "Zwischenverkäufe mit System" betrieben worden, so Kolba. Der Teil des Anlegergeldes, der nicht unmittelbar in das Fondsobjekt geflossen sei, wurde damit um rund acht Prozentpunkte auf über 30 Prozent angehoben. "Den Anlegern wurden diese Vorgänge in den Prospekten und in der Beratung verschwiegen", kritisieren die Konsumentenschützer. Auch wurden die Büroimmobilien in Holland als "erstklassige Immobilien" angepriesen, in der Realität steht beispielsweise eines der derzeit nicht vermieteten MPC-Gebäude in Gauda direkt neben einer Chemiefabrik.

Der österreichische Verkaufsprospekt mit 18 Seiten habe - anders als das deutsche Prospekt mit 100 Seiten - nicht über die Risiken dieser Unternehmensbeteiligungen gewarnt, so der Wiener Anwalt Schumacher. Auch sei nicht auf die Gefahr der Rückzahlung von erhaltenen Ausschüttungen hingewiesen worden. Vielen MPC-Anlegern sind in der Vergangenheit Rückzahlungsaufforderungen von Gläubigerbanken - etwa der Sparkasse Köln - ins Haus geflattert. Die Konsumentenschützer empfehlen vorerst keine erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen und sich dem Strafverfahren anzuschließen. Schumacher verneinte, dass Privatanleger möglicherweise Schwarzgeld in MPC-Produkten geparkt hätten, weil der Großteil über Banken abgewickelt wurde.

Rund 70 Prozent der MPC-Produkte sind laut VKI über Banken vertrieben worden. Rund die Hälfte entfällt auf Raiffeisen mit Schwerpunkt in Niederösterreich, rund jeweils ein Fünftel über Sparkassen/Erste Bank sowie die BKS Bank. (APA/red, derStandard.at, 25.9.2014)