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Justizminister Brandstetter wollte sich mit dem Weisenrat gegen Unvereinbarkeit wappnen. Nun setzte er ihn gar nicht ein.

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Wien - Wenn es um "clamoröse" Fälle geht, also Causen von großem öffentlichem Interesse, ist der Justizminister am Zug. Er genehmigt Vorhabensberichte der Staatsanwaltschaft, lehnt sie ab oder ordnet weitere Ermittlungen an. Um über den Verdacht der Befangenheit erhaben zu sein, richtete Ressortchef Wolfgang Brandstetter einen Weisenrat ein. Das Gremium soll unter anderem befasst werden, wenn der Minister - wie beispielsweise im Fall von Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics oder Bundeskanzler Werner Faymann - früher Mandate innehatte.

Bei den nun eingestellten Causen Nordbergstraße 15 und Justiztower genehmigte der Minister die Vorgangsweise der Korruptionsstaatsanwaltschaft ohne Einbindung des Weisenrats, wie ein Sprecher bestätigte. Es habe keine Befangenheit gegeben, zudem sei keine von den Plänen der Anklagebehörde abweichende Weisung erteilt worden. Ganz fremd sind Brandstetter einige Akteure freilich nicht.

Brandstetter-Klient gab Tipp

So hat der Ressortchef beispielsweise Rudolf Fischer verteidigt. Der frühere Telekom-Vorstand hat bei der Nordbergstraße den Tipp gegeben, den Walter Meischberger in bare Münze umsetzte. Zumindest hat das der Lobbyist im Untersuchungsausschuss zur Telekom-Affäre ausgesagt, Fischers Anwalt bezweifelt das und betont, dass sein Mandant auch nicht Beschuldigter war. Jedenfalls informierte Meischberger dann die Baufirmen Porr und Kallinger, dass das Objekt zum Verkauf und mit der Wirtschaftsuniversität ein Mieter bereitstehe. Und kassierte dafür 708.000 Euro. Eigentlich waren die Verhandlungen der Telekom mit der Bundesimmobiliengesellschaft BIG weit gediehen, die dann das Nachsehen hatte. Ein Sprecher Brandstetters meint dazu lediglich, dass der Minister nicht befangen sei. Nähere Angaben werden nicht gemacht. Auch die Frage, ob Befangenheit nur zur Diskussion stehe, wenn Ex-Klienten Beschuldigte sind, blieb unbeantwortet.

Auch zu Meischberger selbst und zum Immobilienmakler Ernst Karl Plech, die bis zur Einstellung des Verfahrens als Beschuldigte in der Causa Nordbergstraße geführt worden sind, gibt es Verbindungen des Ministers, der als Universitätsprofessor auch Strafverteidiger und Berater war.

Die Sache ist etwas verworren: Brandstetter war in der Buwog-Causa für Petrikovics aktiv, Meischberger wurde vom (ebenfalls beschuldigten) Rechtsanwalt Gerald Toifl vertreten. Der lud - wie DER STANDARD schon Ende April berichtet hat - Brandstetter in die "große Runde" ein, an der neben Meischberger und Plech auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser teilnahm. Laut Toifls Einvernahme war der Minister ein- oder zweimal bei Besprechungen dabei. Plech hatte darauf gedrängt, Brandstetter zu engagieren, Meischberger wollte aber nicht "die Pferde wechseln", wie er in einem Telefonat mit dem Makler im Jänner 2010 erklärte.

Moser will Auskunft

Auch in diesen Fällen beharrt ein Sprecher Brandstetters darauf, dass Befangenheit nicht gegeben sei, ohne auf die Causa genauer einzugehen. Nur so viel: Es habe sich nur um berufliche Kontakte zu Rechtsvertretern gehandelt, mehr könne man wegen der Verschwiegenheitspflicht nicht sagen. Das lässt die Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser nicht gelten. Sie will nun in einer parlamentarischen Anfrage klären lassen, warum der Weisenrat nicht befasst wurde.

Zudem verlangt sie vom Justizminister Auskunft darüber, aus welchen Gründen die Causen Nordbergstraße und Justiztower eingestellt wurden. Dass die Wertsteigerung im Falle des ehemaligen Telekom-Objekts im neunten Wiener Gemeindebezirk erklärbar sei, wie die Korruptionsstaatsanwaltschaft mitgeteilt hatte, ist für Moser nicht nachvollziehbar. Die Akten des Untersuchungsausschusses ließen diese Schlussfolgerung nicht zu, meinte die frühere Leiterin des Gremiums.

Kritik übt sie auch an der langen Verfahrensdauer. Bereits in der Telekom-Causa Schillerplatz habe die Vernehmungsunfähigkeit von Zeugen zu Freisprüchen geführt. Auch im Fall Nordbergstraße konnten zwei Beschuldigte nicht einvernommen werden. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 25.9.2014)