Wien - Bei einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel bzw. einer zu geringen Glukosekonzentration im Blut spricht man von einer Hypoglykämie - oder umgangssprachlich von einer "Unterzuckerung". Je nach Dauer und Ausprägung kann dies von Schweißausbrüchen und Unwohlsein bis hin zu Koma oder Tod führen. Ursache für eine Hypoglykämie ist meist ein Übermaß des Hormons Insulin, das Blutzucker-senkend wirkt und zur Behandlung bei Diabetes mellitus eingesetzt wird.

Wie aus einer aktuellen Studie mit österreichischer Beteiligung hervorgeht, erleiden Diabetes-Patienten weitaus häufiger eine Hypoglykämie als bisher angenommen: Bis zu 80 Prozent der Patienten sind binnen eines Monats davon betroffen.

"Die Hypoglykämie ist ein wichtiger Risikofaktor für Diabetes-Patienten und Ärzte im Rahmen der Blutzuckereinstellung", schreiben die Forscher um den britischen Diabetologen Kamlesh Khunti von der Universität von Leicester. Doch so genau habe man bisher nicht gewusst, wie oft solche Phasen auftreten. "Unterzuckerung" führt schnell zu Benommenheit, Verwirrungszuständen und kann in den schwersten Fällen auch zu Gehirnschäden und dem Tod führen. Gefährlich sind Hypoglykämien speziell in der Nacht, weil sie im Schlaf oft nicht rechtzeitig bemerkt werden.

Häufige Episoden

Im Rahmen der Studie , an der 24 Länder weltweit teilnahmen, wurden die Daten von 27.585 Typ-1- (insulinabhängiger Diabetes) und Typ-2-Diabetikern (nicht-insulinabhängier Diabetes) analysiert. An dem Projekt waren auch Diabetologen der MedUni Wien im AKH beteiligt.

Typ-1-Diabetiker sind von Anfang an insulinabhängig, Typ-2-Diabetiker werden häufig im späteren Verlauf ihrer Erkrankung teilweise oder ganz auf künstliche Insulinzufuhr zur Kontrolle des Blutzuckers eingestellt. Im Rahmen der Studie erhielten die Patienten einen Fragebogen zu Hypoglykämien in den vorangegangenen sechs Monaten. Zudem wurden die Patienten einen Monat lang direkt überwacht.

Die Ergebnisse sprechen für sehr häufige Hypoglykämie-Zwischenfälle: Etwa 83 Prozent der Typ-1-Diabetiker und rund 51 Prozent der Typ-2-Diabetiker berichteten von solchen Episoden in den vier Wochen vor Erhalt der Fragebögen. Über das Jahr gerechnet kam man auf fast wöchentliche Hypoglykämien bei Typ-1-Zuckerkranken und immerhin noch durchschnittlich 16,5 jährliche Vorfälle bei Typ-2-Zuckerkranken.

Höheres Risiko in der Nacht

In den im Zeitraum von einem Monat direkt registrierten Hypoglykämien lag der Anteil bei den Typ-1-Diabetikern bei 83 Prozent, bei den Typ-2-Diabetikern bei 46,5 Prozent (in der Nacht: 40,6 und 15,9 Prozent). Jeder siebte Typ-1-Diabetiker berichtete von einer schweren Hypoglykämie, bei den Typ-2-Diabetikern waren es 8,9 Prozent.

Blutzuckerprofile der Patienten seien über den ganzen Tag hinweg wichtig, um die richtige - an den aktuellen Blutzuckerwert angepasste - Insulindosis zu finden, so die Forscher. Das Hypoglykämie-Risiko ist in der Nacht auch deshalb höher, weil der Insulinbedarf im Ruhezustand im Vergleich zum Tag sinkt. (APA/red, derStandard.at, 23.9.2014)