Klagenfurt - Haushaltshilfe Adele sonnt sich im Bikini, während im Backrohr die Gans verkohlt. Rosalinde Eisenstein scheint zur Erinnerung an jeden Ex einen Gartenzwerg gekauft zu haben. Damit die Ärmsten den neuesten Seitensprung nicht sehen, kehrt diese Ehefrau die Gesichter der bunten Tonfiguren rücksichtsvoll ab. Zum Zeichen seiner Recyclebarkeit kommt Alfredo, der Erwählte, aus der Biotonne, sobald der Hausherr vermeintlich die Haftstrafe wegen Amtsbeleidigung angetreten hat. Das hat er dann nicht, weil bei Orlofsky noch eine Party abgeht. Der Schaumwein - angekarrt im Einkaufswagerl.

So richtig kracht es bei dieser Party aber bewusst nicht: Olivier Tambosi schuf in seiner 17. Klagenfurter Stadttheaterinszenierung seit 1993 eine Fledermaus, die ihr Ectasy schon vorher konsumiert hat und von Anfang an einen verkaterten Eindruck macht. Dazu kommt, dass Alexander Soddy und das Kärntner Sinfonieorchester die Partitur so trocken und brüchig realisieren, als stammte sie von Schostakowitsch. Auch nicht schlecht, aber einigermaßen gewöhnungsbedürftig.

Der von ihm kritisierte Tendenz der zunehmenden Veroperung des Werks ist Tambosi mit seiner höchst einfallsreichen, aber auch äußerst nachdenklichen Drehbühneninszenierung gewiss nicht entgangen. Allerdings: Der vielleicht viel größeren Gefahr, optisch und akustisch einem Alt-Wien-Klischee zu erliegen, entzieht sich diese Fledermaus künstlerisch um Klassen.

Wo es das Publikum bestricken darf, schlägt sich das Ensemble bravourös. Jörg Schneider als Eisenstein, Christiane Boesiger als seine Frau Rosalinde oder Teresa Sedlmair als Adele werden auch den darstellerischen Anforderungen mehr als gerecht. Spontanen Applaus ersingt sich Katerina Hebelkova als Orlofsky mit ihrem in der Tiefe immer noch schöner werdenden Mezzo. Orlofsky ist eine in Schwarz gekleidete Mischung aus russischem Oligarchen und ausgebrannter Popikone. Er lädt sich immer noch Gäste ein. Dass er sich davon Spaß erhofft, glaubt man ihm nicht mehr.

Gefängnisdirektor Allen Evans darf zwischendurch den Bundesbahnblues singen. Die Gedankenflüge von Karl Sibelius als Frosch von den eingelochten Politikern bis zum Kärntner Budgetloch verstärken noch einmal die eigenwillige Verkatertheit dieser Fledermaus. Und vielleicht wollte Strauß ja genau das: die Ödnis einer Gesellschaft entlarven, die beklagt, dass sie zwischen ihren Partys kaum noch Zeit für ein Schönheitsschläfchen hat. (Michael Cerha, DER STANDARD, 23.9.2014)