Skien/Wien - Der österreichische Dichter Peter Handke hat in seiner Dankesrede für die Verleihung des Ibsen-Preises 2014 auf eine politische Rede verzichtet. Stattdessen las der bald 72-jährige Literat in Ibsens Geburtsort Skien eine zum Anlass geschriebene Fantasie auf den Namenspatron der Auszeichnung, den norwegischen Nationaldichter Henrik Ibsen (1828-1906) vor.

Handke bescheinigte Ibsen in dem rund 20-minütigen Text Ibsen anti-dramatische, epische Klarheit" und ein "beängstigendes Genie, das sein Leben dämonisiert hat". Er selbst teile diese Eigenschaft nicht, begreife sie aber. Die Gemeinsamkeiten zwischen dem Dramatiker Ibsen und sich selbst suchte der österreichische Preisträger viel mehr in Ibsens Eigenschaft "über sich Gerichtstag zu halten".

Ein Unterschied bestehe jedoch darin, dass der Norweger in seiner Literatur oft ein rasches Todesurteil über seine Helden gefällt habe, während er selbst eher zum Freispruch neige. In einem humorigen Exkurs versuchte Handke die Gemeinsamkeiten mit Ibsen in demonstrativer Demut überhaupt auf eine "ähnliche Wäschenummer" zu reduzieren.

Kritik übte Handke an der zeitgenössischen Literatur, die er als "Abart des Journalismus und des Expertentums" brandmarkte. Bei Ibsen gebe es dagegen "trotz seiner Apothekerlehre keinerlei nach Rezept hergestellte Sätze", sondern vielmehr "freie, ungeplante Gliederungen eines Ausrufs oder gar Aufschreis".

"Am Rand der Erschöpfung reden wir alle in Hauptsätzen", lautete am Montag der Handke'sche Refrain in seiner an Henrik Ibsen gerichteten Dankesfantasie. Das "Regieren in Hauptsätzen" sei jedoch zumindest für ihn ein Hindernis

Obwohl Handke körperlich tatsächlich ein wenig erschöpft wirkte - er entschuldigte sich vor Beginn seiner auf Deutsch gelesenen Dankesrede auf Englisch dafür, dass er im Sitzen las und begründete dies u.a. mit angeborenen Herzproblemen - gab er sich geistig und literarisch kämpferisch: "Das letzte Epos steht noch bevor."

Die Verleihung des mit gut 300.000 Euro dotierten Internationalen Ibsen-Preises an Handke war in Norwegen in den vergangenen Monaten teils heftig kritisiert worden. Der in Frankreich lebende Dichter wurde vor der heutige Übergabe des Preises gestern, Sonntag, im Osloer Nationaltheater von bosnischen und albanischen Aktivisten mit einer lautstarken Protestkundgebung empfangen. (APA/red, 22.9.2014)