Wien/Brüssel - Die Nahrungsmittelindustrie arbeitet derzeit auf Hochtouren. Die Listen und Tabellen auf verpackten Lebensmitteln müssen EU-weit auf ein einheitliches Format umgestellt werden.

Denn ab 13. Dezember gilt die neue "Lebensmittel-Informationsverordnung" , die nicht nur zusätzliche Informationen zu Kalorien oder über Nährwerte wie Zucker, Fett oder Salz bringt. Auch die Schriftgröße, ja sogar die Reihenfolge, mit der die Informationen angeführt werden müssen, wird nun reglementiert. Verpackungsfolien oder -kartons mit "alten Nährwertangaben" dürfen nur mehr für einen gewissen Übergangszeitraum verwendet werden. "Eine ziemliche logistische Herausforderung", sagt Maria Bauernfried vom Snackhersteller Kelly.

Ampel ging aus

Glücklich sind über diese Informationsflut die wenigsten - auch nicht die Konsumentenschützer. Die Arbeiterkammer etwa weinte erst im Frühjahr der schon vor Jahren verworfenen "Ampelkennzeichnung" (grün ist gesund, gelb ist naja, rot ist fett und dick machend) eine mediale Träne nach.

"Man war ursprünglich angetreten, die Kennzeichnung zu vereinfachen", sagt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, "aber das ist missglückt." Als Interessensvertreterin der Industrie stört sie vor allem, dass auf die Branche hohe Kosten für die Totalumstellung der Nährwertlisten kamen. Rund 80 Millionen Euro, rechnet sie, kostete den rund 200 österreichischen Unternehmen die Umstellung seit Veröffentlichung der EU-Verordnung im Jahr 2011. "Manche Firmen müssen bis zu hundert Artikelverpackungen ändern."

Die Lebensmittelproduzenten sind mit einem Ausfuhrwert von rund 5,5 Milliarden Euro in hohem Maße exportorientiert. Sie haben deshalb Interesse daran, die Informationen auf ihren Verpackungen mehrsprachig zu halten - damit sie mit einer Version auf möglichst viele Märkte gehen können. Lange, wenig ansprechende Listen und Produkthinweise in verschiedenen Sprachen auf den Rückseiten der Verpackungen sind die Folge. Die Hinweise sind so umfangreich, dass sie auf Kleinpackungen gar nicht vollständig Platz haben.

Umfangreiche Tabellen

Damit scheint das ursprüngliche Ziel, Informationen für den Konsumenten einfach aufzubereiten, verfehlt. Zwar gibt es viele Neuerungen - etwa Mindestschriftgröße, Herkunftskennzeichnung, Kalorien- und Nährwertangaben, Hinweise zu Imitaten und Allergene. Doch die eine, griffige Information, die dem Konsumenten zur schnellen Orientierung dient, fehlt. Wenn eine Firma etwa auf der Vorderseite einer Verpackung sogenannte GDA-Werte (Guideline Daily Amount, eine Empfehlung für die Tageszufuhr von bestimmten Nährstoffen) anbringt, ist dies erst wieder freiwillig. Auch gibt es Untersuchungen, die von der Angabe von Portionsgrößen wenig halten, weil diese Information viele Konsumenten überfordert - und damit auch zu keiner Verhaltensänderung beim Essen führen kann.

Allergene hervorgehoben

Als Fortschritt wird in der Branche angeführt, dass künftig die wichtigsten Allergene in der Zutatenliste hervorgehoben werden müssen - und dies auch bei sogenannter "loser Ware", also unverpackten Lebensmitteln. Auch "Lebensmittelimitate" und "Klebefleisch" müssen prominent genannt werden.

Bei gefrorenem Fleisch, Fleischerzeugnissen und unverarbeiteten Fischprodukten muss das Einfrierdatum angegeben werden. Da künftig auch die Herkunft von Frischfleisch angeführt werden muss, müssen die Listen "ständig erneuert" werden, wie Koßdorff kritisiert. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 20.9.2014)