Wien - "Mühsam und fordernd", das ist der Grundtenor der meisten Wissenschafter, wenn man sie nach den Erfahrungen bei ihrer Rückkehr nach Österreich nach einem längeren beruflichen Auslandsaufenthalt fragt. Dies geht aus einer Studie von Stefanie Smoliner vom Zentrum für Soziale Innovation hervor. So beklagen die Rückkehrer fehlendes internationales Denken an den Unis, zu wenig Zeit für Forschung, weniger Karrieremöglichkeiten und mangelnde Unterstützung bei der Wiedereingliederung.

Für ihre Dissertation hat die Soziologin per Fragebogen die Motive für Emigration und Rückkehr von 552 hoch qualifizierten Österreichern erhoben, zusätzlich hat sie in 25 qualitativen Interviews die Erlebnisse bei der "Reintegration" nach den Forschungsaufenthalten im Ausland (v.a. in den USA, Australien, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Schweiz) abgefragt. Die Ergebnisse wird Smoliner am Montag bei einem Vortrag bei der dritten Jahrestagung Migrationsforschung von Uni Wien und Akademie der Wissenschaften (ÖAW) präsentieren.

Keine Unterstützung beim Fuß fassen

Als große Hürde bei der Rückkehr stellte sich in der Untersuchung die Organisationsarbeit heraus: So wurde es als schwierig empfunden, eine Wohnung, für die Kinder Schul- und Kindergartenplätze und für sich selbst und den Partner Arbeitsplätze zu finden. Im Ausland sei das den Forschern weniger schwer gefallen, weil sie an den ausländischen Unis meist sehr gut in all diesen Fragen unterstützt wurden. "Entsprechende Institutionen gibt es zwar teilweise in Österreich auch, aber laut den befragten Wissenschafterinnen und Wissenschaftern wird das Konzept der PartnerInnenunterstützung in der österreichischen Wissenschaftscommunity häufig kritisch gesehen oder sogar abgelehnt", schildert Smoliner.

Dazu kommt, dass vielen erst bei der Rückkehr bewusst wurde, dass ihnen in Österreich berufliche Entwicklungsmöglichkeiten fehlen. "Die Befragten waren durchwegs zufrieden mit ihrem Job im Ausland und sahen nach der Rückkehr ihre Karriere als gefährdet." Probleme beim Wiedereinstieg auf einer adäquaten Position und deshalb Phasen von Arbeitslosigkeit hatten vor allem jene, die schon kurz nach der Dissertation ins Ausland gegangen waren und in Österreich noch keine relevanten beruflichen Netzwerke aufgebaut hatten. Sie verfügten zwar über erste wissenschaftliche Erfolge, aber hatten kaum Kontakte zu Personen, die sie in ihrer Karriere fördern konnten, so Smoliner. Ebenfalls schwer hatten es schon ältere Forscher, die sich im Ausland sehr stark spezialisiert und deshalb nur eine sehr geringe Zahl an passenden Posten zur Auswahl hatten.

Hohe Unzufriedenheit mit den Forschungsbedingungen

Im Job selbst stellten die Heimkehrer eine Diskrepanz zwischen der Arbeit im Ausland und Österreich fest: Nur einige wenige Befragte, die in einer jungen und stark internationalisierten Gruppe für exzellente Forschung landete, hätten ähnlich gute Bedingungen vorgefunden. "Viele waren enttäuscht und unzufrieden über die berufliche Situation. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben betont, dass sie als Störfaktoren gesehen wurden und haben sich in ihrem Handlungsspielraum und ihrer Entscheidungsfreiheit blockiert gefühlt", berichtet die Forscherin. Teilweise wurden die Rückkehrer ihren Schilderungen zufolge auch als Bedrohung und Konkurrenz erlebt. Erst nach vielen Jahren sei es ihnen gelungen, Veränderungen an den Unis in Richtung Internationalisierung (etwa durch Vorlesungen auf Englisch oder Einladung Gastvortragender aus dem Ausland) zu initiieren. Insbesondere wenn der Forschungsleiter selbst Auslandserfahrung gemacht hatte, verlief die Wiedereingliederung deutlich einfacher.

Außerdem wurde von den Rückkehrern der hohe Verwaltungsaufwand, die überproportionale Lehrverpflichtung und das Fehlen von Zeit für die Forschung bemängelt. So gebe es in anderen Ländern die Möglichkeit, sich einige Zeit nur der Forschung zu widmen. Das österreichische Forschungssystem lasse diese Flexibilität aber kaum zu. Dazu komme die geringe Zahl an unbefristeten Forschungsstellen und das Fehlen von Leistungsanreizen für mehr Forschungsoutput (z.B. Sonderzahlungen, Sachmittel).

Ein Teil der Wissenschafter hat Österreich wegen der Blockade von Karrierechancen auch wieder verlassen. Andere haben zugunsten von Familie, Lebensqualität und Sicherheit berufliche Einschränkungen in Kauf genommen oder sind in die Privatwirtschaft gewechselt, während eine dritte Gruppe sich zwar langfristig ein Leben in Österreich vorstellen konnte, aber für die Karriere wieder für einige Zeit ins Ausland gehen wollte.

Fehlende Daten über die "brain circulation"-Prozesse

Wie viele Wissenschafter tatsächlich das Land verlassen und wiederkehren, kann man unterdessen gar nicht sagen, beklagt Smoliner einen Mangel an Daten. In der amtlichen Wanderungsstatistik werden zurückkehrende österreichische Staatsbürger zwar gezählt, jedoch nicht nach ihrem Bildungsniveau unterschieden. Dies wäre dringend nötig, um "brain drain" oder "brain circulation"-Prozesse besser abschätzen zu können.

Die Motive der Rückkehrer zeigt Smoliner in ihrer Studie auf: Während das Emigrationsmotiv vor allem die beruflichen Chancen waren (Verbessern der fachlichen Qualifikation, Karrieremöglichkeiten, Zugang zu attraktiver Forschungsinfrastruktur, Zusammenarbeit mit führenden Experten), waren die Gründe für die Rückkehr meist privat: Genannt wurden etwa die Nähe zu Familie und Freunden, Lebensqualität und soziale Sicherheit in Österreich sowie wohlfahrtsstaatliche Angebote. "Es gibt kaum jemanden, der wegen Karriereentwicklung oder ökonomischer Motive zurückgekommen ist." (APA/red, derStandard.at, 19.09.2014)