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Petro Poroschenko mit Joe Biden und John Boehner.

Foto: AP/Applewhite

Eine Rede vor beiden Häusern des Parlaments, es ist die höchste Ehre, die Washington einem ausländischen Gast erweisen kann. Den Anfang machte 1874 König Kalakaua von Hawaii, es folgten nicht nur Staatenlenker, sondern auch moralische Größen wie Nelson Mandela, Lech Walesa oder Vaclav Hável.

Als der Kongress am Donnerstag den roten Teppich für Petro Poroschenko ausrollte, war es als demonstrative Geste der Unterstützung gedacht. Der ukrainische Präsident nutzte die große Bühne, um die USA im Duell mit Russland stärker in die Pflicht zu nehmen.

Starke Armee nötig

Der Schutz der ukrainischen Demokratie vor der russischen Aggression erfordere eine starke Armee, sagte Poroschenko. "Decken und Nachtsichtgeräte sind wichtig, aber einen Krieg kann man nicht mit Decken gewinnen. Mehr noch, den Frieden kann man nicht mit Decken bewahren." Die Ukraine, betonte der ehemalige Oligarch, stehe heute an der Frontlinie des weltweiten Kampfes für Freiheit und Demokratie, und daher sei es auch Amerikas Krieg.

"Ich bitte Sie, lassen Sie die Ukraine nicht im Stich", mahnte Poroschenko und warf der russischen Regierung vor, sich von imperialer Mentalität und nostalgischer Sehnsucht nach der Sowjetunion leiten zu lassen. Mit der Annexion der Krim habe der Kreml die Welt um Jahre zurückgeworfen, "zurück zur Realität territorialer Ansprüche, zur Realität von Einflusszonen und verbrecherischen Aggressionen". Das Kontrollsystem der internationalen Ordnung, wie es im Zuge des Zweiten Weltkriegs entstand, sei damit praktisch ruiniert worden.

Waffenlieferungen abgelehnt

Das Kabinett Barack Obamas hat Waffenlieferungen an Kiew bislang abgelehnt und lediglich nicht-militärische Hilfe zugesagt, 70 Millionen Dollar für kugelsichere Westen, Nachtsichtgeräte und Kommunikationsgerät. Unmittelbar nach Poroschenkos Rede gab das Weiße Haus eine Aufstockung um 46 Millionen Dollar bekannt. Nach Angaben Poroschenkos haben die USA der Ukraine zudem weitere Bürgschaften über eine Milliarde Dollar zugesagt, damit das Land Gelder am Finanzmarkt aufnehmen kann. Am Prinzip ändert sich nichts: Waffen für die Ukraine, fürchtet Obama, würden die Spannungen mit Russland nur noch zusätzlich anheizen.

Während republikanische Hardliner wie John McCain seit Monaten ein Ende der Vorsicht verlangen, mehren sich auch unter den Demokraten Stimmen, die in dieselbe Kerbe schlagen. Carl Levin etwa, der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses des Senats, macht sich neuerdings dafür stark, der ukrainischen Armee sowohl Munition als auch Boden-Luft-Raketen zu liefern. Nach den Worten von Robert Menendez, eines Senators vom rechten Parteiflügel, hat Wladimir Putin "die Weltordnung auf den Kopf gestellt". Ihm "nur ein bisschen auf die Finger zu hauen" werde Russland nicht von weiteren Provokationen abschrecken. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 18.9.2014)