Marz - In Ulrich Seidls neuem Film "Der Keller", der am Donnerstag Premiere gehabt hat, haben sie in einem Raum voller Nazi-Devotionalien inklusive Hitler-Bild inbrünstig "Ein Prosit der Gemütlichkeit" gesungen in feucht-fröhlicher Runde. Der Privatsender Puls 4 identifizierte zwei der Männer als ÖVP-Gemeinderäte im burgenländischen Marz. Am Freitag in aller Herrgottsfrüh haben die beiden ihren Rücktritt erklärt und sind aus der Partei ausgetreten. Für die Landesorganisation ist die Angelegenheit damit beendet, erklärte Landesparteiobmann Franz Steindl.

Dasselbe gitl auch für Bürgermeister Gerald Hüller (ÖVP): "Wir haben selbst erkannt, dass die Darstellung im Dreh verheerende Schlüsse zulässt und dass die Verantwortung für dieses Fehlverhalten übernommen werden muss."

Die umstrittene Szene aus dem Film "Im Keller".
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Die Polizei hat Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung.

Regisseur Ulrich Seidl wehrt sich gegen den Verzerrungsvorwurf und betont, die Szene "eins zu eins so aufgenommen" zu haben. Die Männer haben gewusst, was sie tun. Er habe aber erst jetzt erfahren, dass es sich um zwei ÖVP-Gemeinderäte handle.

Kritik an grüner Kritik

Die beiden distanzierten sich "aus tiefster Überzeugung" in einer ersten Stellungnahme "vollinhaltlich von jeglichem NS-Gedankengut und Gräueltaten, es war ein Fehler, an so einem Dreh teilzunehmen. Zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen im Jahr 2009 waren wir nicht Mitglieder des Gemeinderates." Der neue Gemeinderat wurde 2012 gewählt. Nicht zur Wahl angetreten ist die SPÖ, die Ortsgruppe hatte die Frist zur Abgabe des eigenen Wahlvorschlags versäumt. Erst dadurch rutschten die beiden ins Ortsparlament.

Noch am späten Donnerstagabend ist nicht nur in der burgenländischen ÖVP hektisch konferiert worden. Auch Generalsekretär Gernot Blümel hat den Rücktritt der beiden Mandatare verlangt. Christian Sagartz, der Bezirkschef von Mattersburg, meldete – wortident mit dem Bürgermeister – Vollzug: "Die Gemeinderäte haben damit die Verantwortung für ihr Fehlverhalten übernommen."

Ganz ohne Seitenhieb mochte Sagartz, der auch Landesgeschäftsführer der ÖVP ist, die Angelegenheit nicht zu den Akten legen. Während die ÖVP mit solchen Affären rasch und unmissverständlich umgehe, rufe etwa Michel Reimon, der burgenländische Grüne im Europaparlament, reuelos zur Gewalt auf, indem er Jihadisten und Freiheitliche gemeinsam in einen Keller sperren wolle. Und die burgenländische Grünen-Chefin Regina Petrik schweige dazu, "tappt aber in die Populismusfalle". Petrik hatte ÖVP-Landesparteichef Franz Steindl kritisiert, da dieser ein Problem nur dann hätte, wenn der Tatbestand der Wiederbetätigung erfüllt sei. "Das finde ich als Abgrenzung erschreckend bedürftig, und es überrascht mich sehr unangenehm."

Steindl überlegt weitere Schritte

Burgenlands ÖVP-Obmann Franz Steindl überlegt nach dem Rücktritt zweier Gemeinderäte, die mit Nazi-Devotionalien gefilmt worden waren, weitere Schritte gegen diese. "Ich sage ganz konkret, derartige Dinge haben in der ÖVP nichts verloren", betonte er vor dem Bundesparteivorstand am Freitag.

Nicht weiter kommentieren wollte die Causa ÖVP-Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner: "Das ist eine Angelegenheit der ÖVP Burgenland." Nach dem Parteivorstand präzisierte er: "Die Angelegenheit ist eine sehr, sehr problematische." Mit dem Gedankengut habe die ÖVP "nichts, aber auch gar nichts am Hut". (wei, APA, derStandard.at, 19.9.2014)