Peking - Bei den US Open sorgte Anfang des Monats eine andere Chinesin für Aufsehen. Peng Shuai stieß bis ins Halbfinale vor. Li Na war verletzungsbedingt nicht dabei. 2011 löste sie mit ihrem Triumph bei den French Open, dem ersten Grand-Slam-Titel einer Chinesin, einen Tennisboom in ihrer Heimat aus. Heuer gewann sie die Australian Open. Aber jetzt ist Schluss.

Ihr rechtes Knie machte ihr schon seit geraumer Zeit zu schaffen. "Nach vier Knieoperationen und Hunderten von Spritzen hat mein Körper nach einem Schlussstrich geschrien", sagt die 32-Jährige. Die Drittrundenniederlage gegen die Tschechin Barbora Zahlavova Strycova im Juni im Wimbledon war ihr letzter Auftritt auf der Tennisbühne.

Unbequem

"Im Sport ist es wie im Leben: Alle großen Dinge haben ein Ende", schrieb Li Na in einem offenen Brief, den sie auf Facebook und dem chinesischen Netzwerk Weibo veröffentlichte. Sie dankte ihren Eltern, ihrem Ehemann, ihren Trainern, ihren Fans. "Es war ein außerordentliches Privileg und eine große Ehre, China auf dem Tennisplatz zu vertreten."

Sportler aus China haben an sich eine klar definierte Rolle. Sie kämpfen für die Volksrepublik und für die Partei. Li Na war eine der wenigen, die sich nicht in die klassische Rolle pressen lassen wollte. Statt der üblichen Danksagungen chinesischer Athleten an die Partei verbuchte sie ihre Siege als persönliche Erfolge. Sie war unbequem für die Führung in Peking. Im Vorjahr veröffentlichte das Parteiorgan Volkszeitung einen Leitartikel, in dem Li Na scharf angegriffen wurde: "Wer kann diesem furchtbaren, launischen Wesen Einhalt gebieten?"

Li Na gewinnt die French Open 2011.
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Der Angriff ließ viele Fans noch fester zu ihr stehen. Li Na nahm nicht unbedingt gezielt eine kritische Position ein. "Ich will einfach nur Sport machen, und mir nicht reinreden lassen", sagte sie. Das tat sie ziemlich erfolgreich. Bis auf den zweiten Platz in der Weltrangliste schaffte es die Rechtshänderin aus Wuhan in diesem Jahr im Februar. Derzeit belegt sie Platz sechs. Insgesamt feierte sie neun Turniersiege.

Der Weg

Als Fünfjährige hatte sie ihr Vater auf eine staatliche Sportschule geschickt. Der Drill setzte ihr zu. Als Li 16 Jahre alt war, versuchte sie ihr Trainer dazu zu drängen, mit Hormonpräparaten ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Das wollte der Teenager nicht mit sich machen lassen und floh.

Nach langem Zureden durch Freunde und Kollegen setzte sie ihre Karriere fort, die nun ihr Ende findet. "Schweren Herzens", wie Li Na schrieb. Und: "Ich gehe meinen Weg." (sid, APA, red, DER STANDARD, 20./21.09.2014)