Wien - Eine "kuschelige Runde" wurde der Fernsehgipfel bei den diesjährigen Medientagen, wie es Moderator Marcus Englert bezeichnete. Davon abgesehen stand die Diskussion um die Zukunft von linearem und nichtlinearem TV stark im Zeichen der "Netflixisierung": Der Österreich-Start des US-Unternehmens wurde am Mittwoch betont gelassen bis positiv am Podium aufgenommen.

"Wir sind sehr glücklich über den Netflix-Start", ließ etwa Puls 4-Chef Markus Breitenecker wissen. "Das ist einer der größten Werbekunden, den wir im vierten Quartal haben werden." Außerdem sei es zu begrüßen, wenn ein neuer Player auf den Markt komme, damit sich dieser weiterentwickelt. "Alle zwei Jahre kommt ein neuer Hype und am Ende hat immer das Fernsehen von diesen Hypewellen am meisten profitiert."

"Die Video-on-Demand-Thematik ist ja nicht ganz so neu", versuchte Wolfram Winter von Sky die Euphorie ein wenig zu bremsen. "Und Netflix verhält sich wie jeder andere Anbieter und lizenziert weiter", bezog er sich u.a. auf die Serie "House of Cards", deren Erstausstrahlungsrechte hierzulande beim Bezahlsender liegen. Dass Sky verschiedenste Plattformen bediene, sei aus seiner Sicht nur konsequent. "Niemand kann sich erlauben, einen Markt absichtlich außen vor zu lassen." Geht es um die Nutzungsform, müsse der Kunde im Zentrum stehen.

Flimmit startet 2015

ORF-Finanzdirektor Richard Grasl konnte das nur unterstreichen, springt doch auch der öffentlich-rechtliche Sender auf neue Trends auf und wird im ersten Quartal 2015 seine Video-Plattform Flimmit starten. "Wir wollen den jungen Nutzern ein Angebot machen." Ein Ende des Fernsehen sieht er deshalb aber nicht gegeben, ganz im Gegenteil: "Es wird ein Goldenes Zeitalter des Bewegtbilds werden." Der ORF stehe dabei nicht in Konkurrenz zu Netflix oder Maxdome, sondern will in einer österreichischen Nische erfolgreich sein. Und das gelte nicht nur für Bewegtbildinhalte, wie Grasl mit Verweis auf die vom ORF mit Partnern geplante Klassikplattform wissen ließ.

Ein wesentlicher Bestandteil der Debatte um "Neue Player, Neue Plattformen, Neue Märkte", wie das Motto des Panels lautet, ist die Frage nach der Übertragung. "Ultra HD am Smartphone ist keine Zukunftsutopie mehr, das passiert heute schon", meinte Rudolf Schrefl vom Mobilfunker Hutchison Drei Austria. "Der Nutzer entscheidet selbst, was er wann, wo und in welcher Qualität nutzen möchte. Wir müssen dafür die Plattform schaffen." Der Geschäftsführer der ORF-Sendetechniktochter ORS, Michael Wagenhofer, glaubt aber trotz des Trends in Richtung Mobilität, dass es "auch 2025 noch lineares, traditionelles Fernsehen als beherrschende Bewegtbildplattform in Österreich" geben wird.

Gemeinsamer Feind

Welche Inhalte können aber künftig über verschiedenste Devices bezogen werden? Dass ein Contentprovider nur auf Eigenproduktionen setzt, kann sich Winter nicht vorstellen. "Niemand wird alles selbst produzieren." Auch Sky setzt weiterhin auf Hollywoodstudios, HBO oder Sportrechte in punkto Lizenzierung, wobei man natürlich als Koproduzent weiter in Erscheinung treten wolle. Für das lineare TV würden laut Grasl wiederum "Live-Events eine entscheidende Rolle spielen", wobei er eine "Normalisierung des Rechtemarkts" in Aussicht stellte. Im eigenen Haus gelte außerdem: "Eigenständigkeit, Unverwechselbarkeit, Eigenproduktionen."

Und Breitenecker identifizierte abschließend den gemeinsamen Feind der am Podium vertretenen Medienmanager: Google, YouTube und Co. "Man muss in gewisser Weise paranoid sein und sich auf Angriffe, die aus Amerika kommen, vorbereiten." Das könne durchaus in einer Kooperation mit den genannten US-Diensten resultieren. Für die Situation in Österreich forderte er wiederum, "dass wir in einem fairen Markt bei gleichen Waffen möglichst innovative Produkte für die Zuschauer herstellen". (APA, 17.09.2014)