Ortliebgasse mit grüner Fassade.

Foto: GB*9/17/18

Begrünung in der Weißgasse.

Foto: GB*9/17/18

Bepflanzung in der Ottakringer Straße.

Foto: GB*9/17/18

Der Wunsch der Anrainerinnen und Anrainer nach mehr Grün in der Stadt brachte uns 2010 auf die Idee, Mikrogrünräume im öffentlichen Raum des 17. Bezirks auszuprobieren. Damals wussten wir nicht, was alles auf uns zukommt. Wir, das sind meine Kollegin bei der Wiener Gebietsbetreuung, Sabine Gehmayr, und ich, Amila Sirbegovic. Vor kurzem machte ich einen Ausflug zu den zwei "grünen Fassaden" in Hernals. Wie schnell die Pflanzen seit meinem letzten Besuch in die Höhe geschossen sind! Schließlich gibt es einen Grund, sich über den regenreichen Sommer zu freuen.

Die beiden Fassadenbegrünungen, eine befindet sich in der Ortliebgasse und die andere in der Weißgasse, sind Pilotprojekte der Gebietsbetreuung, die gemeinsam mit der Umweltschutzabteilung (MA 22) und der Bezirksvorstehung im 17. Bezirk vor vier Jahren initiiert wurden. Mangelnde Freiflächen - der Straßenquerschnitt oberirdisch und viele infrastrukturelle Einbauten unterirdisch - erlauben es nicht, neue Bäume zu pflanzen. Das brachte uns auf die Idee, Mikrogrünräume in Form von Fassadenbegrünung im öffentlichen Raum auszuprobieren.

Bewilligung

Wir lernten, wie komplex "Mikro" sein kann. Denn solche Projekte müssen im Spannungsfeld zwischen öffentlichem und privatem Eigentum umgesetzt werden. Da geht es um Haftungsfragen, Bewilligungsverfahren, Pflegeverpflichtungen bis hin zu Zweifeln wie "Was passiert, wenn es nicht gelingt, wenn die Pflanzen eingehen oder von Passanten einfach herausgerissen und mitgenommen werden?".

Es ist zwar einfach, eine Pflanze im öffentlichen Raum zu platzieren, aber nicht ohne Weiteres legal. In Wien wie in anderen Städten braucht es für solche Projekte Genehmigungen. Wir haben diese Herausforderung angenommen. Auch mit dem Ziel, das bestehende Verfahren zu vereinfachen, um solche Projekte für Privatpersonen einfacher zu machen.

Privat-öffentliche Abmachungen

Ein weiteres Ziel war es, Partnerschaften zwischen der Stadt und den Bewohnerinnen und Bewohnern als Konsens zu etablieren, um somit die Stadtverwaltung dafür zu gewinnen, kleine privat-öffentliche Abmachungen einzugehen. Wir haben uns unseren Zielen genähert, aber die Prozesse sind noch immer komplex und zeitaufwendig.

Das Projekt in der Ortliebgasse ist mein Lieblingsprojekt. Vor allem wegen der engagierten Hauseigentümer, die sich für eine Fassadenbegrünung im öffentlichen Raum eingesetzt und verpflichtet haben, diese zu pflegen. Auch der langwierige Prozess bis zur Umsetzung hat sie nicht davon abgehalten, dranzubleiben und durchzuhalten.

Während der Bauphase wurde ich jede Woche von einem Hauseigentümer aufgesucht. Er war derjenige, der bemerkte, dass die erdgebundene Grube doch nicht so erdgebunden ausgeführt wurde. Vergangenen Herbst wurden die Pflanzen endlich gepflanzt, und wir sorgten uns gemeinsam den ganzen Winter lang, ob sie es überleben werden. Die vier Meter hohe Wisteria schlängelt sich heute, nicht zuletzt aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und des Regens, schon um die Hausecke.

Aus Mikro wird Makro

Verantwortung für Pflanzen im öffentlichen Raum zu übernehmen mag nicht einfach sein. Es zahlt sich für alle Beteiligten aber aus, weil durch solche Projekte sowohl Einzelne als auch die Allgemeinheit gewinnen. Die Stadt erspart sich den Pflegeaufwand für kleine Flächen. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben Sicht auf eine grüne Wand und profitieren von der verbesserten Luftqualität. Die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer können unmittelbar etwas zur Verbesserung des Wohnumfelds beitragen und sind zu Recht stolz darauf.

Wenn es auf den Grünraum in der Gründerzeitstadt ankommt, kann weniger nicht mehr sein. "Mikro" kann dennoch mehr sein, wenn es immer wieder auftaucht und einen grünen Verbund bildet. Nach den zwei vom Bezirk geförderten und finanzierten Pilotprojekten sind zwei weitere Projekte im Umkreis von 700 Metern dazugekommen. Eines in der Ottakringer Straße, das im Rahmen der Umgestaltung der Straße durchgeführt wurde, und eines in der Hernalser Hauptstraße. Hier finanziert und realisiert der Hauseigentümer das ganze Projekt selbst. Kürzlich wurde ich von einem weiteren Hauseigentümer in der Haslingergasse angerufen, der sich ebenfalls gut vorstellen kann, in so einem grünen Haus zu wohnen. Die Mikrogrünräume breiten sich weiter aus. So wird aus "Mikro" irgendwann "Makro". (Amila Sirbegovic, daStandard.at, 18.9.2014)