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Peter Kropsch ist seit 2009 CEO der Austria Presse Agentur. In seinem Vortrag spricht er über die Perspektiven von Nachrichtenagenturen in einer sich rasant verändernden Medienwelt. Hier ist er auf einem Foto von den Medientagen 2011 zu sehen.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

"Woher kommt die Nachricht der Zukunft?" Bereits der Titel erfreut mich. Denn er beinhaltet die Tatsache, dass die Nachricht offenbar Zukunft hat. Während es für die Kolleginnen und Kollegen von den Zeitungsverlagen diverse Webseiten gibt, die den Tag prognostizieren, an dem die letzte Zeitung erscheinen wird, gibt es das für die Nachrichten zunächst nicht.

Mein sehr geschätzter Kollege Michael Segbers, Chef der deutschen Nachrichtenagentur dpa, hat ein Buch geschrieben namens "Die Ware Nachricht“. Unter meinem Vorgänger Wolfgang Vyslozil hat die APA ein Buch herausgegeben. Es heißt "Die Macht der Nachricht".

Welches Buch würden wir heute in der APA schreiben? "Die Macht der Nachricht kehrt zurück?" oder "Die Rache der Macht der Nachricht"?

Und wäre es überhaupt ein Buch?

Aber davon später.

Mein Statement soll die "Perspektive von Nachrichtenagenturen in einer sich rasant verändernden Medienwelt" beleuchten.

Was können wir heute, hier und jetzt unter einer Nachrichtenagentur verstehen?

Nachrichtenagenturen sind redaktionelle Organisationen, die einerseits selbst Nachrichten aufbringen, andererseits aber weltweit mit anderen Agenturen in gegenseitiger Zulieferung vernetzt sind. Damit wird weltweit die Versorgung mit internationalen Nachrichten sichergestellt.

Nachrichtenagenturen sind ursächlich mit dem Prinzip verknüpft, "true and unbiased news" bereit zu stellen. Sie liefern Nachrichten unter dem Prinzip der Zuverlässigkeit, Ausgewogenheit und Schnelligkeit.

Das ist keine Wahl, sondern zwingende Bedingung – aus zwei Gründen:

  • Die Kunden der Nachrichtenagentur sind Medien verschiedenster Ausrichtungen. Will man alle beliefern, so ist die einzig mögliche Position jene, die sich strikt und ausschließlich an den Fakten orientiert.
  • Nachrichtenagenturen sind wie gesagt in einem weltweitern Zuliefernetzwerk verbunden. Die Partner müssen sich gegenseitig darauf verlassen können, dass sich der jeweilige Partner jeder Einseitigkeit und Wertung enthält.

Nachrichtenagenturen sind "Marker". In ihrem Kernbereich ist ihr einziges Produkt die Nachricht. Sie markieren den Umgang einer Gesellschaft mit Nachrichten und welchen Wertigkeit die Gesellschaft Nachrichten beimisst.

Woher kommt denn nun die Nachricht der Zukunft? Beginnen wir mit der Frage, woher die Nachrichten für die Agentur selbst kommen werden.

In einer Welt, in der Disruption in keiner strategischen Planung fehlen darf, sind wir schnurstracks bei der Frage der Beziehung zwischen Nachrichtenagentur und Sozialen Medien.

  • Werden soziale Medien künftig die Nachrichten-Lieferanten Nummer eins?
  • Sind soziale Medien mit ihrer Crowd Intelligence die objektiveren, faireren Nachrichtenlieferanten?
  • Oder einfach nur wie die Diskussionen an Millionen Wirtshaustischen, denen wir auf ebenso wundersame wie zwanghafte Weise nun gleichzeitig zuhören können?

Wenige Themen werden in diesem unserem an sich eher trockenen Fachgebiet so emotional diskutiert. Immer wieder tauchen Studien auf, in denen Ereignisse auf sozialen Medien rascher präsent waren als auf klassischen Nachrichtenkanälen.

Das aktuellste Beispiel ist ein Bericht des Pew Research Center, Bereich Journalismus, über die Unruhen in Ferguson. Die Nachricht von der Tötung eines Jugendlichen durch die Polizei löste am 9. August über 100.000 Tweets aus. Die bundesweiten US-Fernsehkanäle sprangen laut Pew Research erst am 11. August, also am zweiten Tag nach dem Ereignis, auf. Ein Blick in unsere Datenbank zeigt, dass Nachrichtenagenturen das Thema unmittelbar aufgegriffen haben und soziale Medien als Quelle herangezogen haben.

These 1: Soziale Medien sind Freunde – aber solche mit schlechten Manieren

In der APA haben wir uns sehr eingehend mit der Rolle sozialer Medien als Quelle beschäftigt. Das Ergebnis ist recht "down to earth."

Menschen, die Informationen über soziale Medien verbreiten, agieren zunächst wie Augenzeugen. Sie sind damit eigentlich eine klassische Quelle. Die Verarbeitungsleistung der Nachrichtenagentur liegt darin,

  • die sozialen Medien soweit im Radar zu haben, dass die Augenzeugenberichte bemerkt und in der Folge bewertet werden können.
  • In der APA gilt, dass keine aus sozialen Medien stammende Information in die Nachrichtendienste geht, bevor sie nicht vorher auf klassische Art und Weise überprüft worden ist. Es gilt dabei das alte Agenturprinzip. "The choice between being first and being right is no choice at all."

Die Methoden des Bemerkens und Bewertens haben sich natürlich verfeinert.

  • Die Associated Press zum Beispiel hat das Berufsbild des Social Media Editors definiert. Seine Aufgabe ist, aktiv an Communities teilzunehmen, die erwarten lassen, dass sie Nachrichten-werte Fakten diskutieren.
  • Bert Kok, ein ehemaliger Kollege der niederländischen Agentur ANP, hat sich mit seinem Start up darauf spezialisiert, über Algorithmen herauszufinden, wo sich auf Twitter, Facebook + Co etwas Nachrichten-wertes tut.
  • Von Bert Kok ist es ein kurzer Schritt zu Burt Herman, dem Gründer von Storify. Er hat für Storify vergangene Woche den ScoopCamp Medien Award in Hamburg erhalten.

Sie kennen Storify? Das ist ein sehr smartes System, das über Algorithmen Nachrichten-wertes auf sozialen Medien zusammenstellt. Journalisten haben damit die Möglichkeit, Augenzeugenberichte vom Ort des Geschehens in Websites einzubetten.

Wenn man nun meint, Nachrichtenagenturen würden in Veranstaltungen wie Storify hier ein "Ding des Teufels" sehen, von dem man sich fern zu halten habe, der irrt.

  • Burt Herman ist ehemaliger Mitarbeiter der AP
  • Das Scoop-Camp wird von der Deutschen Presse Agentur mit veranstaltet
  • Der Laudator war dpa-Chefredakteur Sven Gösmann.
  • Nachrichtenagenturen wie die britische Press Association setzen diesen Dienst bereits ein.

Armin Wolf hat vor einigen Monaten auf einer APA Veranstaltung gesagt, Twitter wäre für ihn wichtiger als eine Nachrichtenagentur. Allerdings ist es so, dass Armin Wolf sehr oft über Nachrichten twittert, die irgendwo auch wieder auf Inhalte von Nachrichtenmedien zurückgehen.

Der Effekt für die Verbreitung von Nachrichten ist etwa so wie der "Turbo Boost" in der noch manchen bekannten Serie "Knight Rider". Nachrichten, die von Opinion Leaders besprochen werden, gewinnen signifikant an Aufmerksamkeit und viraler Verbreitung.

Als ich tief im vergangenen Jahrtausend Publizistik studiert habe, wurde ein ähnlicher Effekt als "Two step flow of communication" bezeichnet.

Die Rückkoppelung über die Beobachtung der Reaktion, die Nachrichten auslösen, ist dabei ein Wert an sich. Über diesen Rückkanal nehmen soziale Medien viel direkteren Einfluss auf das Agenda Setting von Redaktionen als durch das Aufbringen gänzlich neuer Informationen.

Fazit: Soziale Medien sind die größte Erweiterung der Nachrichten-Quellen seit langer Zeit. Sie ersetzen Nachrichtenagenturen nicht – die Beziehung ist symbiotisch. Der Verstärker-Effekt, ob Nachrichten Reaktionen hervorrufen, hat größeren Einfluss auf das Agenda Setting, als die Möglichkeit, neue Fakten zu erfahren.

These 2: Big Data hat Potenzial – allein die konkreten Ansätze fehlen

Big Data ist als Konzept gut verstanden. Überall werden Daten gesammelt. Verkehrssensoren sammeln Verkehrsdaten, Meldeämter sammeln Meldedaten, Handelsunternehmen sammeln Daten über ihre Kunden. Buchstäblich jede offizielle Stelle sammelt auf ihren Servern irgendwo Daten, die theoretisch in großer Menge zur Verfügung stünden und auch bereitwillig hergegeben werden.

Nachrichtenagenturen machen derzeit europaweit sehr wenig damit. Da Nachrichtenagenturen in der Regel Nachfrage-orientiert agieren, lässt dies den Schluss zu, dass eine ebensolche Nachfrage nicht existiert.

Ausnahme sind Wahldaten und Sportdaten. Allein die Daten von Österreichs rund 60 Sportverbänden bis ins Regionale aufzubereiten, ist eine Herkulesarbeit, die von einem Einzelnen kaum zu bewältigen ist. Wir verfolgen seit zwei Jahren das Projekt "Regio Sports", das genau das tut.

Und insgeheim beneiden wir dabei meinen Kollegen Clive Marshall. Er ist der Chef der englischen Press Association. PA bereitet die Premier League Daten in großem Stil auf und verkauft sie an die Wettindustrie. Da sich der Österreichische Fußball – mit einigen kleinen Dellen - konstant und seit mehreren Jahren im Aufwind befindet, ist es wohl auch nur mehr eine Frage der Zeit, bis sich dieses Geschäftsfeld praktisch wie von selbst für uns erschließt.

Fazit: Big Data ist ein tolles Konzept, gut verständlich, aber mit derzeit geringstmöglicher Nachfrage. Anders, wenn man das Geschäftsmodell umdreht: Wer Daten sammelt und nicht gerade ein Geheimdienst ist, hat auch Interesse daran, dass diese einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich sind. Wie in vielen anderen Bereichen haben hier Auftragsproduktionen gute Chancen.

These 3: The Future of News is Anticipation - Algorithmen sagen, was demnächst Nachrichten wert sein werden - ist das so ?

Algorithmen halten nach und nach Einzug in die Welt der Nachrichten-Erstellung. Das Nieman Journalism Lab veröffentlichte Ende 2013 einen Bericht mit dem Titel "The future of news is anticipation". Nieman nimmt Bezug auf Konzepte wie Google Now oder Mind Meld. Diese Anwendungen versuchen zu analysieren, was Sie gerade tun oder sprechen. Daraus sollen verwandte Informationen gefunden werden; oder - noch spannender - Vorhersagen getroffen werden, was als nächstes passieren wird.

Während das Konzept der Vorhersage derzeit außerhalb der Labors noch nicht existiert, gibt es mittlerweile Anwendungen semantischer Algorithmen in der Realität der Nachrichtenagentur. Das neue Redaktionssystem der APA - MARS Connect - präsentiert unseren Teams Zusatzinformationen während der Erstellung der Berichte. Das sind vor allem passende Bilder und Videos sowie ähnliche Artikel und Archivstücke. Die Effekte sind klar: Die Recherche wird einfacher und intuitiver. In die Berichte fließen bereits Kontext und Verknüpfungen in größere Erklärungszusammenhänge ein. Die Qualität des APA-Produktes steigt wesentlich an. Allerdings müssen auf der Seite der Abnehmer auch die Voraussetzungen gegeben sein, mit diesen Metadatensets etwas anzufangen.

Mastermind hinter diesem System ist übrigens APA-Chefredakteur Michael Lang. Als Chefredakteur mit Zusatztalenten als Moderator und Sänger hat er uns mit seiner neu entflammten Liebe zur Semantik wirklich überrascht.

Als Quellen verwenden wir sowohl unsere eigene Mediendatenbank mit gesicherten, strukturiert abgelegten Informationen als auch im Web vorhandene Informationen. Als Index, über den Inhalte eingeordnet werden, fungieren zum Beispiel Metadatensets aus Wikipedia - und das in mehreren Sprachen. Die Qualität der Verknüpfung wird umso besser, je größer die Menge an gesicherten Daten ist, aus der MARS Connect auswählen kann.

Dies ist ein Ansatz, der auch für die breitere Zusammenarbeit von Medienhäusern spricht. Wenn man auf ein gemeinsames, gepflegtes Archiv zurückgreift, werden die Ergebnisse semantischer Annotierung signifikant besser. Wir arbeiten unter dem Arbeitstitel „Content Hub“ momentan genau an solchen Funktionen.

Fazit: The future of news ist vielleicht nicht Antizipation, sondern Verknüpfung. Nachrichtenagenturen werden - ebenso wie ihre Medienkunden - jede Menge Aufwand "unter der Motorhaube" ihrer Systeme betreiben müssen, um in der Welt der Algorithmen zu bestehen. Und sie tun das auch.

A propos Algorithmen: Jener Mensch, der in den vergangenen Jahren vielleicht den meisten Einfluss auf Journalismus ausgeübt hat, heißt Amit Singhal. Er ist der Mastermind hinter Googles Suchalgorithmus. Das unter „Panda“ bekannte Update des Google-Suchalgorithmus 2011 hat mit den sogenannten Content Farmen wie beispielsweise Demand Media aufgeräumt. In dem White Paper, das die Prinzipien hinter Panda beschreibt, finden sich Medien verlegerischer Herkunft gut wieder. Originäre Inhalte, kontinuierliche Berichterstattung und Redaktions-Brands, hinter denen renommierte Redaktions-Teams stehen, werden höher gerankt. Texte vom Fließband werden abgestraft.

Ob so eine Umarmung durch Google nun gut oder bedenklich ist, muss jedes Medienmanagement selbst in seine Strategiepapiere schreiben.

These 4: die neuen Nachrichtenagenturprodukte sind vernetzt und noch näher an der real time

Wie sehen nun die Nachrichtenagenturprodukte - sagen wir in den nächsten vier Jahren - aus ?

  • Die Informationen werden in einem semantischen Netz verortet sein. Jede Information wird über ihre Metadaten Absprungpunkt zu verwandten Informationen sein.
    • Vertikale Vernetzung wie Text zu Bild, Video zu Text, Grafik zu Bild und Text, Angabe zu Location etc.
    • Horizontale Vernetzung zu verwandten Inhalten wie ähnlichen Stories, Zusatzinformationen, Informationen zur Quelle etc.
    • Vernetzung auf der Zeitachse mit Archivinhalten
  • Event-orientiert: die meisten Informationen werden mit Event- und/oder Themencodes ausgestattet sein. Dies erleichtert das einfache Auffinden von allen Informationen, die zu einem bestimmten Ereignis vorliegen. Davon profitieren nicht nur Redaktionen bei der Recherche. Auch das sinnvolle automatische Zuordnen durch Content Management-Systeme wird möglich.
  • Mehr Serviceinhalte: Die Agenturen werden die Informationen, wann welche Informationen zu welchen Ereignissen zu erwarten sind, massiv ausbauen. Dies hilft den Kunden in der Disposition ihrer eigenen Ressourcen und um das Agenturmaterial bestmöglich komplementär zu nutzen.
  • Agenturinhalte werden näher an die real-time rücken: Die zeitgemäße Interpretation der Agentur-Prinzips "Schnelligkeit" bedeutet den kräftigen Ausbau von Ticker-Diensten. Verknüpfung mit Hintergründen bis hin zu Inhalten aus sozialen Medien ist dabei „aufgelegt“. Die schönen, runden, durchkomponierten Berichts-Formate werden damit durch ein schnelles, mehr der Unmittelbarkeit als der Schönheit verpflichtetes Format ergänzt werden.

Doch das wesentlichste Merkmal wird wie in der Vergangenheit die Zuverlässigkeit und Ausgewogenheit der angebotenen Inhalte sein. Dies ist die DNA der Nachrichtenagentur - das Sinn stiftende Merkmal, warum Nachrichtenagenturen auch in der Zukunft nicht nur eine Rolle für die Medien des Landes, sondern für die Gesellschaft insgesamt spielen.

Die Kernfrage wird allerdings sein, wie sich der Nachrichtenagentur-Dienst in Zukunft finanzieren lässt.

Der "Economist" beschreibt als ein ökonomisches Prinzip für erfolgreiche US-Fernsehsender die "Foxification of News". Gemeint ist damit, dass das US-Network Fox sich in vielen Bereichen ganz offen zu Meinungspublizistik bekennt. Dies gebe bei den Sehern Profil und begründe den ökonomischen Erfolg. Die Legitimität komme aus der Tatsache, dass ganz klar sei, welcher Standpunkt vertreten wird und der Nutzer dies in seine Bewertung einfließen lassen kann.

Im offenen Internet stehen wir bei der Vielzahl der Quellen vor einer umfassenden "Foxification". Allerdings mit dem Unterschied, dass viele Kommunikatoren ihre Interessen eben nicht offen legen, ja geradezu manipulativ vorgehen. Die Korrumpierbarkeit ist ein Wesenszug offener Kommunikationssysteme!

Die publizistische Rolle der Nachrichtenagentur wird stets sein, in diesem "Tsunami" an Information ein "Leuchtturm" zu sein © CR Lang. Durch Auswahl und Überprüfung von Fakten. Durch ihre neutrale Position in der Berichterstattung.

Fazit: True and unbiased news forever!

These 5: Die Finanzierung der Nachrichtenagentur wird die größte Herausforderung für die kommenden Jahre

Das klassische Finanzierungsmodell der Nachrichtenagentur - die ausschließliche Finanzierung durch Verkauf des Basisdienstes an Medienkunden - hat, so wie es aussieht, weitestgehend ausgedient.

Die Auflagen und Reichweiten, die traditionell das Preismodell von Nachrichtenagenturen bestimmen, gehen nach unten. Die APA hat heuer bereits zwei Genossenschaftsmitglieder verloren.

In einer Woche werde ich nach zwei Jahren turnusmäßig meine Funktion als Präsident der europäischen Nachrichtenagenturen beenden. In diesen zwei Jahren hat sich viel getan, und ich denke, dass man heute ein recht klares Bild zeichnen kann, welche Geschäftsmodelle Nachrichtenagenturen künftig anwenden werden:

  • Die Nachrichtenagentur mit fast ausschließlicher Ausrichtung am Kerngeschäft Nachrichten. Dieser Typus benötigt entweder einen sehr großen Markt oder Inhalte, die auf internationalen Märkten skalieren. Zum Beispiel ein internationales Video-Angebot. Der Repräsentant dieses Typs ist die "Urmutter" der Nachrichtenagenturen im Besitz von Medien, die amerikanische Associated Press.
  • Die zweite Finanzierungsform ist die Nachrichtenagentur, die Public Money for Public Value unter einer Art öffentlich rechtlichem Reglement erhält. Beispiel ist hier die Agence France Presse. Die AFP stand in den vergangenen Jahren auf dem Prüfstand der EU wegen Staatszuwendungen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich. Die EU hat nun festgestellt, dass diese Zuwendungen gerechtfertigt sind, solange sie transparent erfolgen und den Markt nicht verzerren. Ich denke, dass wir in den kommenden Jahren nicht nur bei Agenturen, die dem Staat gehören, diese Finanzierungsformen sehen werden - nämlich überall dort, wo die Vollständigkeit des Dienstes für die Gesellschaft wichtig ist, sich jedoch ökonomisch nicht rechtfertigen lässt. Die öffentlich rechtliche Einbettung sichert der Agentur Unabhängigkeit zu.
  • Die dritte Form ist die Nachrichtenagentur unter direkter Verwaltung des jeweiligen Staates. Und dies ist unter den rund 150 Nachrichtenagenturen weltweit die vorherrschende Form. Hier erfolgt eine direkte Finanzierung aus öffentlichen Geldern. Ein Regierungswechsel hat hier typischerweise oft rasch einen Wechsel an der Spitze der Agentur zur Folge. Den Grad der Unabhängigkeit überlasse ich Ihrer Interpretationskraft.

Und die APA ?

Wir gehören zur kleinen Gemeinde von weltweit etwa 20 Agenturen, die sich der Aufgabe stellen, die Unabhängigkeit durch eigene Wirtschaftskraft sicher zu stellen. Dazu zählen in Europa die Agenturen unserer deutschsprachigen Nachbarländer, Skandinavien, Belgien, Niederlande, UK und auch z.B. Tschechien. Da dies aus dem Kerngeschäft nicht möglich ist, müssen wir andere, verwandte Geschäfte entwickeln, um Kosten von Overheads, Innovation und Infrastruktur zu finanzieren, die sonst der Kernbereich Nachrichtenagentur alleine tragen müsste. Das Prinzip hat Reuters vorgelebt. Nachrichten stellen dort seit langen nur einen einstelligen Prozentanteil am Umsatz. Die Unabhängigkeit dieses Dienstes ist jedoch über alle Zweifel erhaben.

Von den etwa 70 Millionen Euro Umsatz der APA entfallen auf das Kerngeschäft Nachrichten knapp 20 Millionen. Sehr vereinfacht gesprochen sind die restlichen 50 Millionen für die Finanzierung der Unabhängigkeit verantwortlich.

These 8: Was, wenn doch alles anders kommt ?

Der jüngste Reuters Research Digital News Report zeigt einen Aufschwung der Nachfrage nach sogenannten Weird News an. Sie haben in manchen Ländern bereits die Entertainment-Inhalte überholt. Neil Postmans These, dass wir uns potenziell zu Tode amüsieren, wird hier real.

Die Protagonisten sind dabei weder wir Nachrichtenagenturen noch Sie Medien. Es sind zum Beispiel auf You Tube Player wie

Gronkh mit 3,1 Mio Abonnenten

YTitty mit 2,9 Mio Abonnenten

Kontor TV mit 2,4 und LeFloid mit 1,9 Mio Abonnenten. Letzeren sollten Sie sich wirklich ansehen. Was der aus Nachrichten macht, ist streckenweise wirklich sehr spaßig.

Wenn wir unseren Kindern so zusehen, ist ein Szenario, bei dem Weird Content bestimmendes Element des Medienkonsums wird, nicht ganz unrealistisch.

Ich lade Sie damit zum Abschluss ein, sich gemeinsam mit mir dann die Medientage des Jahres 2030 vorzustellen.

Wahrscheinlich wären die Jungs von YTitty hier auf der Bühne deutlich lustiger, als ich es bin.

Und auf die Auftaktrede von Manstein darf man auch gespannt sein.

In diesem Fall würde die APA dann wieder ein Buch beisteuern. Es hieße jedenfalls "Die Nacht der Nachricht".