Auf dem Messegelände im Wiener Prater eröffnet Montag der weltgrößte Diabetes-Kongress mit rund 18.000 Teilnehmern seine Pforten. Auf ihm sollen neue Therapien, Medikamente und technische Hilfen für die Behandlung von Diabetes Typ 1 und Typ 2 vorgestellt und diskutiert werden. Doch schon vor der Eröffnung gibt es hinter den Kulissen nur ein Thema: die verfälschten Studiendaten des viel versprechenden Medikaments Diapep 277. Fix ist: das Präparat wird nie auf den Markt kommen.

Noch im Juni hatte sich die amerikanische Hyperion Therapeutics Inc. feiern lassen. Mit der Übernahme der israelischen Firma Andromeda Biotech Ltd. und dem Erwerb von Rechten an dem Peptid DiaPep277® vom deutschen Unternehmen Evotec aus Hamburg hoffte man, einen Megaseller für die Diabetestherapie in Kürze auf den Markt bringen zu können. DiaPep 277, so hiess es, ist ein neuartiges Peptid aus 24 Aminosäuren aus dem Hitzeschockprotein 60. Es sollte eine Veränderung des Immunsystems bewirken, durch die die Zerstörung von insulinfreisetzenden Pankreaszellen als Reaktion auf einen erhöhten Blutzuckerspiegel verhindert wird.

Doch jetzt kam das abrupte Aus. Wie Hyperion Therapeutics Anfang September in einer offiziellen Aussendung mitteilte, hat das Unternehmen Beweismittel vorgefunden hat, dass sich bestimmte Mitarbeiter von Andromeda Biotech, Ltd. schwerwiegenden Fehlverhaltens in Bezug auf die Studiendaten von DiaPep277(R) schuldig gemacht haben.

Die Angelegenheit hat Folgen: die laufende in Phase III befindliche DIA-AID 2-Studie an Diapep 277 wird zwar noch zu Ende geführt, das Präparat wird aber keinesfalls auf den Markt kommen.

Natürlich geht es auch um viel Geld. DiaPep277(R) war bislang eines der fortgeschrittenen Programme aus Evotecs Pipeline. Bei diesem Programm hat Evotec Anspruch auf Umsatzbeteiligungen und Sonderzahlungen.

Daher rechnet man bei Evotec in Hamburg mit nicht-liquiditätswirksamen Wertbe-richtungen in Höhe von 8,7 Mio. Euro. Darüber hinaus hat Evotec noch eine offene Forderung gegenüber Andromeda/ Hyperion, die sich auf 3,4 Mio. Euro beläuft.

Vermutlich ist es bis zu den ersten millionenschweren Klagen nur noch eine Frage der Zeit. (Peter Hopfinger, derStandard.at, 15.9.2014)