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Ukrainische Soldaten am Samstag in der Region Luhansk.

Foto: EPA/ROMAN PILIPEY

Kiew - Trotz der vereinbarten Waffenruhe in der Ostukraine ist es dort am Wochenende wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Um den strategisch bedeutsamen Flughafen nahe der Rebellenhochburg Donezk flammten am Samstagabend neue Auseinandersetzungen auf, die auch am Morgen weiter anhielten, wie Reporter berichteten.

Demnach wurden Artilleriegeschütze abgefeuert, Anrainer berichteten vom Beschuss dreier Stadtviertel in Donezk. Die Stadtverwaltung wollte dennoch nicht von "aktiven Kämpfen" sprechen.

Schwedens Außenminister Carl Bildt deutete in einem Twitter-Kommentar Berichte über einen angeblichen Rebellenangriff auf den Flughafen als Hinweis auf einen möglichen Bruch der Waffenruhe durch Russland. Anrainer des Flughafengeländes machten hingegen vor allem Regierungstruppen für die Gewalt verantwortlich, da diese Donezk von Stellungen außerhalb der Stadt beschossen hätten.

Umliegende Ortschaften ebenfalls betroffen

Auch in umliegenden Ortschaften wurde die Waffenruhe durch neuen Gefechtslärm gestört. Das von den Separatisten kontrollierte Makiwka wurde in den vergangenen Tagen mehrfach bombardiert. Eine Anrainerin berichtete, dass eine Rakete in ihrem Garten eingeschlagen sei und die Fenster des Wohnhauses zerschmettert habe.

Derweil nahm Litauen zum zweiten Mal binnen weniger Wochen eine Gruppe verletzter Soldaten aus der Ukraine zur Behandlung auf. Die Verletzten, unter denen sich auch eine Frau befand, trafen in der Nacht auf Sonntag mit einer litauischen Militärmaschine ein, wie die Behörden mitteilten. Wegen der überfüllten Kliniken in ihrer Heimat sollen sie nun in öffentlichen Krankenhäusern in Vilnius und Kaunas weiterbehandelt werden.

Die Patienten haben laut einem litauischen Armeesprecher vor allem Schuss- und Brandwunden erlitten. Alle seien freiwillig in den Kampf gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine gezogen und dort verletzt worden. Seit April wurden in der Krisenregion mehr als 2.700 Menschen getötet und tausende verletzt. Schon im Juli hatte Litauen verwundete Soldaten aus der Ukraine aufgenommen.

"Immer noch in einer Phase des Krieges"

Der russische Präsident Wladimir Putin habe das Ziel, die Ukraine als unabhängigen Staat zu zerstören und die Sowjetunion wiederherzustellen, sagte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Samstag. "Wir sind immer noch in einer Phase des Krieges und der Schlüsselaggressor ist die Russische Föderation ... Putin will einen weiteren eingefrorenen Konflikt (im Osten der Ukraine)."

Janzenjuk nannte Russland eine "Bedrohung für die globale Ordnung und der Sicherheit von ganz Europa". Putin werde sich nicht mit der Krim zufriedengeben. "Sein Ziel ist es, die ganze Ukraine einzunehmen." Die westlichen Sanktionen stellten allerdings eine Bedrohung für Russlands Wirtschaft dar, auch wenn Putin dies leugne.

"In dieser Situation kann uns nur die Nato schützen", sagte Jazenjuk auf einer Konferenz mit Abgeordneten und Wirtschaftsvertretern aus der Ukraine und der EU. Er verstehe aber, dass die Allianz im Moment nicht zur Aufnahme der Ukraine bereit sei.

Russland hat die Ukraine gleichzeitig vor weiteren Bemühungen um eine Nato-Mitgliedschaft gewarnt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow nannte die Neutralität des Nachbarlandes eine "elementare Frage". Der Status als blockfreies Land sei nicht nur im Interesse der Ukraine selbst, sondern auch ein berechtigtes Interesse von deren Nachbarländern und diene zudem der Sicherheit in Europa, sagte Lawrow am Samstag dem russischen Sender TV Centre.

EU und USA um Hilfe gebeten

Premier Jazenjuk lobte in seiner Rede auf einer Konferenz in Kiew von europäischen und ukrainischen Juristen und Wirtschaftsführer auch die neue Welle der wirtschaftlichen Sanktionen der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten gegen Russland. Diese seien eine große Bedrohung für die russische Wirtschaft.

Die EU und die USA bat der ukrainische Regierungschef um Unterstützung bei der Umsetzung des Friedensplans. Die Ukraine sei nicht stark genug, um bilaterale Verhandlungen mit Russland zu führen, sagte Jazenjuk. Die EU und die USA sollten bei den Friedensgesprächen eine direkte Rolle spielen und die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine garantieren, forderte er.

Drohneneinsatz genehmigt

Zur Überwachung der Waffenruhe in der Ostukraine hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko den Einsatz von Drohnen erlaubt. Das teilte das Präsidialamt in Kiew nach einem Telefonat Poroschenkos mit dem Vorsitzenden der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, am Samstag mit. Auch unbewaffnete Drohnen aus Österreich werden im Einsatz sein.

Die Drohen sollen die Beobachter der OSZE-Sonderüberwachungsmission in der Ukraine (SMM) unterstützen, jedoch nicht ersetzen. Diese Technologie soll es der OSZE ermöglichen, größere Flächen zu überwachen und Informationen in "Echtzeit" in einem unsicheren Umfeld zu sammeln. Die OSZE entscheidet, ob diese auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Burkhalter sagte, die OSZE werde die unbemannten Fluggeräte bald einsetzen.

Kurz trifft am Montag Poroschenko

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wird am Montag in Kiew erwartet, wo er neben Präsident Poroschenko und Vizeregierungschef Wladimir Groisman auch seinen Amtskollegen Pawel Klimkin trifft

Wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner Montag erscheinenden Ausgabe laut Aussendung im Voraus berichtet, ist eine deutliche Mehrheit von 53 Prozent der Österreicher "entschieden" oder zumindest "eher" gegen schärfere Sanktionen gegenüber Russland. 37 Prozent befürworten laut der vom Meinungsforschungsinstitut Unique research durchgeführten Umfrage eine Verschärfung der Sanktionen, auch wenn dies Nachteile für Österreich brächte. (APA/Reuters, 14.9.2014)