Graz - "Ich will ja wirklich nur helfen", beteuert Renate K. Als sie im August gehört habe, dass das Innenministerium dringend Unterkünfte für Flüchtlinge suche, habe sie nicht lange überlegt. Ihr Haus verfüge über tipptop ausgestattete Zimmer, drinnen sei vor kurzem alles frisch ausgemalt worden, mit einigen Adaptierungen wäre die Immobilie, die an der Bundesstraße in Weitendorf am Grazer Stadtrand steht, "eine ideale Herberge für Asylsuchende".

Zudem: Das Haus sei rundum beliebt - bei Männern der Umgebung und auch gut Situierten und durchaus bekannten Persönlichkeiten aus Graz. Seit 60 Jahren ist ihr Etablissement als Bordell geführt, seit einigen Jahren läuft es unter "Laufhaus Studio6 - Das absolute Männertainment".

"A Puff, des geht net"

"Es wären 20 Zimmer vorhanden für 35 bis 40 Personen. Keine Frage, von der abgelegenen Lage und den Räumlichkeiten her wäre das eine sehr brauchbare Unterkunft für Asylwerber", sagt der Referatsleiter für Flüchtlingsangelegenheiten in der steirischen Landesregierung, Günther Bauer. Land und Laufhausbetreiberin sind sich also einig, allein der Bürgermeister von Weitendorf, Franz Plasser (ÖVP), ist dagegen.

"Er hat gleich gesagt, um Gottes willen, nächstes Jahr sind Gemeinderatswahlen, da brauch ich kein Ausländerheim im Ort", erinnert sich Renate K. Der Bürgermeister bestreitet, strikt Nein gesagt zu haben, aber "an sich bin ich schon der Meinung: A Puff als Asylheim, das geht irgendwie net". Nur weil da jemand Miete kassieren wolle mit einem Flüchtlingsheim, das wolle man so auch nicht durchgehen lassen. Außerdem seien 40 Flüchtlinge für den Ort zu viel. Der Gemeinderat sei jedenfalls sehr skeptisch, "niemand hat a Freud' damit".

Gute Kunden

"A geh", sagt Renate K. "die Männer in der Gegend haben doch nur Angst, dass ihnen ihr Spielzeug weggenommen wird. Wenn's nur weibliche Asylantinnen wären, hätten sie wahrscheinlich nichts dagegen. Die Frauen, die hier arbeiten, sind außerdem ja auch zu 90 Prozent Ausländerinnen. Dagegen haben sie nie etwas gehabt. Sie wollen halt lieber ein Laufhaus als ein Flüchtlingsheim." Sie habe jedenfalls ihr Angebot auch an das Innenministerium und an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) per E-Mail weitergeleitet. Bisher habe sie noch kein Feedback erhalten.

Günther Bauer vom Flüchtlingsreferat will mit den Ortspolitikern noch einmal verhandeln und versuchen, sie umzustimmen.

Weitendorf, sagt Bauer, steht für viele andere Orte in der Steiermark. Gut 70 Angebote für Immobilien habe er aktuell auf dem Tisch liegen, 250 Asylwerber könnten umgehend aufgenommen werden. Bauer: "Aber in fast allen Fällen lehnen die Bürgermeister ab." (Walter Müller, DER STANDARD, 13.9.2014)