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Thomas Uher.

Foto: APA / Roland Schlager

STANDARD: Die Generation Y ist mit vielen Etiketten und Klischees behaftet - tatsächliches, anhaltendes Engagement für den Job wird ihnen gern abgesprochen ... wie erleben Sie die Jungen?

Uher: Ich sehe extrem viele junge Engagierte mit tollen Lebensläufen. Damit meine ich nicht nur die internationalen Ausbildungen, sondern eine große Vielfalt im Engagement. Das ist mir auch wichtig, darauf schaue ich - von den Pfadfindern über die Hochschülerschaft bis zu karitativem Engagement. Da gibt es mehr als genug Junge, die das alles machen. Ich glaube nicht, dass das Engagement dieser Generation geringer ist als jenes der Leute vor 20 Jahren.

STANDARD: Und die Arbeitsmoral? Anders? Schlechter? Rebellischer?

Uher: Ich halte diese Generation der ab 1980 Geborenen für zu wenig rebellisch im Sinne von Systeme angehen und Systeme verändern. Am Beispiel des Vorschlags von AMS-Chef Johannes Kopf, wonach Jüngere weniger und Ältere mehr Pensionsbeiträge zahlen sollten, frage ich mich, warum so etwas nicht die 20-, 30-Jährigen verlangen. Wo melden sich die zu Wort in einem System, von dem sie wirklich ausgeräumt werden? Aber um zu uns als Bank zu kommen: Das, was wir brauchen, um für unsere Kunden relevant zu sein, nämlich Beratung, die Kunden bei ihren Bedürfnissen abholt, das passt extrem gut mit den Wünschen und Fähigkeiten der Generation Y zusammen.

STANDARD: Auch was die Sinnstiftung im Job angeht.

Uher: Ja sicher, das ist ein Hauptpunkt. Denn Spaß in der Arbeit zu haben und Sinn zu sehen, das ist ja nicht unbedingt dasselbe.

STANDARD: Was ist der Sinn einer Tätigkeit für eine Bank?

Uher: Menschen zu helfen, finanziell unabhängig zu sein oder zu werden. Von der Wohnraumfinanzierung bis zur Pensionsvorsorge.

STANDARD: Sie erhalten also genügend gute Bewerbungen und müssen sich gar nicht so sehr um Employer-Branding kümmern?

Uher: Wir spüren so gesehen keine Schmerzen aus der veränderten demografischen Kurve, wir haben ausreichend gute Bewerbungen. Bei den Lehrlingen melden sich bei uns etwa 1000 für knapp 30 Lehrstellen. Das zieht sich so durch eigentlich alle Bereiche. Employer-Branding ist aber natürlich immer ein Thema für uns.

STANDARD: Verändert die Generation Y die Unternehmenskultur so stark und so radikal, wie oft gesagt wird?

Uher: Diese Generation ist sehr outspoken, diese Menschen können sehr gut und sehr klar formulieren, was sie wollen - oder eben nicht. Unsere Botschaft ist: Ja, wir nehmen euch mit diesen Ansprüchen ernst. Aber nur, wenn ihr uns auch ernst nehmt. Das heißt, dass Vereinbarungen, die früher implizit waren, jetzt viel deutlicher ausgesprochen und diskutiert werden müssen. Wer Work-Life-Blance haben will, der muss eben diese Stunden, die gearbeitet werden, wirklich toll arbeiten. Wer mehr will, muss auch bereit sein, mehr zu geben. Das ist die Botschaft. Die Veränderungen in der Unternehmenskultur? Ich glaube, da stehen wir erst am Anfang. Das ist in einem Tech-Start-up vielleicht anders als bei uns, in einer Bank mit Generationenmix. Die Veränderungen haben mit den Thematiken der neuen Arbeitswelten zu tun, die Ansprüche der Generation Y spielen da hinein. Im großen Bereich des flexiblen Arbeitens stehen wir erst am Beginn.

STANDARD: Wie bringen Sie denn den Aspekt der neuen Medien in die Veränderungen ein?

Uher: Wir haben ein Reverse-Mentoring-Projekt gestartet. Junge und Lehrlinge helfen darin Führungskräften, mit den neuen Medien, sozialen Medien, umzugehen.

STANDARD: Dazu müssen Chefs zugeben, etwas nicht zu können ...

Uher: Ja, es ist ja auch so, dass Führungskräfte nicht alles gleich von selber können. Beide Seiten können profitieren.

STANDARD: Und Sie? Affin zu neuen Medien?

Uher: Ja. Ich habe eine Zeitlang sogar auf dem Computer tarockiert ... aber ernsthaft: Zu einem heavy User von Facebook werde ich vermutlich nicht. Aber es macht mir Spaß, das Papier aus den Büros immer mehr zu verbannen.

STANDARD: Neue Führungsqualitäten - wie sehen die aus?

Uher: Die Ansprüche der Belegschaften - und das ist nicht nur die Generation Y - haben Führung verändert. Wir diskutieren sehr stark die Rolle der Führungskraft als Coach. Im Grunde geht es um situativeres Verhalten, darum, Entscheidungen auch transparent zu machen und vernünftig zu erklären. Das kann man lernen und üben.

STANDARD: Also nichts Gegebenes in der Chefrolle?

Uher: Ich sage bei unseren Kamingesprächen immer, dass die wichtigste Eigenschaft einer Führungskraft ist, Menschen zu mögen. Ich habe gescheite Leute gesehen, die so viel Misstrauen in sich getragen haben, dass es einfach nicht gegangen ist. Das Grundvertrauen, dass Menschen (bis zum Beweis des Gegenteils) anständig sind, ist wahrscheinlich schwer zu lernen. (Karin Bauer, ManagementStandard, 13./14.9.2014)