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Bodo Ramelow will in die Erfurter Staatskanzlei.

Foto: Reuters

Was jetzt kommt, haben die Zuhörer schon öfter im Fernsehen gehört. Doch als Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linken in Thüringen, live und wahrhaftig vor ihnen am Holzmark in Jena wieder einmal seine Pointe anbringt, da wird natürlich zustimmend geklatscht und gekichert. "Die CDU", sagt Ramelow nämlich recht maliziös, "hat es verdient, sich in Opposition zu erholen."

Zurzeit ist Ramelow selber noch in Opposition, denn in Thüringen regiert Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) mit der SPD. Aber nicht mehr lange, hoffen die Linken, und ihr Wunsch ist gar nicht unrealistisch.

Am Sonntag wählt Thüringen einen neuen Landtag, und diese Wahl könnte eine Premiere für Deutschland bringen: Der 58-jährige Ramelow, der ursprünglich aus dem Westen (Niedersachsen) stammt, hat gute Chancen, der erste linke Ministerpräsident in Deutschland zu werden.

"Ein Wechsel ist in einer Demokratie das Normalste der Welt", ruft Ramelow von seiner Wahlkampfbühne herunter, und es klingt ein wenig, als wolle er manchen noch die Angst vor einer solchen Neuerung nehmen.

Ramelow selbst, redegewandt und selbstbewusst, ist ganz und gar bereit, um Parteigeschichte zu schreiben. "MP i. L. - Ministerpräsident in Lauerstellung", nennt er sich manchmal, und es klingt nicht unbedingt ironisch.

In Thüringen ist die Linke stark, stärker als in anderen ostdeutschen Bundesländern. 27,4 Prozent hat sie bei der Landtagswahl 2009 eingefahren, während die CDU von 43 auf 31,2 Prozent und damit in ein historisches Tief abstürzte. Ihr Ministerpräsident und Spitzenkandidat hieß damals noch Dieter Althaus.

Der hatte im ganzen Wahlkampf zuvor eine schwere Last mit sich herumgeschleppt: seinen Skiunfall in der Steiermark 2009, bei dem eine Frau gestorben war. Nur wenige Tage nach der Wahl trat Althaus zurück und Christine Lieberknecht wurde in Thüringen die erste Ministerpräsidentin Ostdeutschlands.

Das möchte sie als Chefin einer schwarz-roten Regierung auch bleiben. "40 Prozent plus X" hat sie als Wahlziel ausgegeben - "damit an uns nicht vorbeiregiert werden kann". Doch in Umfragen liegen Schwarz-Rot und eine rot-rot-grüne Koalition Kopf an Kopf, wobei die Linke die stärkste Kraft ist und deutlich vor der SPD (17 Prozent) ist.

Schwenk der Bundes-SPD

Der rechnerischen Logik nach müsste in einem solchen Dreierbündnis also die Linke als stärkste Kraft den Ministerpräsidenten stellen. Vor einigen Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass sozialdemokratische Abgeordnete einen Linken zum Regierungschef wählen und sich als Juniorpartner anbieten.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Im Februar beschloss die Bundes-SPD, ihren Landesverbänden in dieser Frage freie Hand zu lassen. Thüringens SPD-Spitzenkandidatin Heike Taubert, die auch Sozialministerin ist, ist sich ihrer Rolle als Königsmacherin bewusst. Sie lässt die linke Option bewusst offen.

Lieberknecht hingegen hat eine Möglichkeit ganz klar ausgeschlossen. Nicht einmal, um ihre eigene Haut als Ministerpräsidentin zu retten, würde sie mit der Alternative für Deutschland (AfD) koalieren. Diese wird - wie schon vor zehn Tagen in Sachsen - wohl den Sprung in den Landtag locker schaffen und gleichzeitig auch in Thüringen die FDP aus dem Parlament drängen. (Birgit Baumann aus Jena, DER STANDARD, 11.9.2014)