Faymann bei "Pro & Contra".

Foto: Screenshot/puls 4

"Visionen für Österreich", Verwirklichungsdatum 2040 - das Thema mundete Werner Faymann. Er würde dereinst wahrscheinlich nicht mehr Kanzler sein. Aber durch sein inneres Fernrohr sah er, dass jeder Arbeit haben, jeder gleich viel wert sein würde. Und Armut wäre nur noch ein Wort aus ferner Krisenzeit. Faymann formulierte das auch laut und deutlich; jedoch dämmerte ihm bald, dass man ihn gelegt hatte.

Just Markus Breitenecker, der Puls-4-Chef, rammte ihn mit der Hypo-Frage. Frappiert suchte Faymann, bei 2040 zu bleiben, doch Breitenecker hielt ihn im Schwitzkasten der Gegenwart, wollte die Hypo pleitegehen sehen, Hedgefonds schröpfen und erreichte seinen Höhepunkt mit der charmanten Frage, was denn der "Kanzler eigentlich den ganzen Tag" so tue. Das war so irrwitzig, dass Faymann nur noch staatsmännisch lächeln konnte. Nur kurz allerdings, denn Siegfried Wolf übernahm nicht nur fragend. Er verkaufte auch Faymanns Zukunftsvision als die seine (" Vollbeschäftigung 2040!"). Und als wäre das nicht grotesk genug, mahnte er den Kanzler, endlich "in Rot-Weiß-Rot zu denken", damit dieses Arbeitsparadies ausbreche.

Zudem sprach Wolf quälend langsam. Faymann wollte nachfragen, ob diese verbale Foltermethode bei Putin erlernt wurde. Doch Wolf hörte nicht auf zu dozieren, Faymann fühlte sich, als würgten ihn plötzlich alle Weltprobleme. Wenn der so weiterspricht, dachte Faymann, dauert die Sendung bis 2040, und Wolf würde noch immer kein kritisches Wort zu Putin eingefallen sein. Ja, warum haben wir den Ukraine-Krieg, Herr Wolf?, platzte es aus Faymann heraus. Verständlich, dass 2040 von da an keine Rolle mehr spielte. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 10.9.2014)